Justiz

Zur Meldung "Italien kritisiert Einstellung von NS-Verfahren" (TV vom 3./4. Oktober):

Wer geglaubt hatte, mit dem Aussterben beziehungsweise der Pensionierung der letzten NS-Juristen sei die Zeit der Verfahrenseinstellungen gegen deutsche Nazi-Massenmörder vorbei, sieht sich nun grausam getäuscht: Nach dem Willen der Stuttgarter Staatsanwaltschaft soll das Massaker der 16. SS-Panzergrenadierdivision Reichsführer SS vom 12. August 1944 in Sant\' Anna di Stazzema ungesühnt bleiben - und das nach zehnjähriger Ermittlungstätigkeit (oder vielleicht eher -untätigkeit?). Ein Skandal ist es ohnehin schon, dass die Ermittlungen erst so spät aufgenommen wurden. Die Begründung ist originell: Es könnten "den 17 Beschuldigten keine Morde nachgewiesen werden". Die Staatsanwaltschaft sollte eigentlich wissen, dass es nicht ihr, sondern dem Gericht obliegt, über Schuld oder Unschuld von Beschuldigten zu urteilen - die Ermittlungen sollen dagegen erst einmal überprüfen, ob es hinreichende Indizien gibt, die die Eröffnung eines Strafverfahrens rechtfertigen. Da die Staatsanwaltschaft nun eigenmächtig einem Urteil vorgreift, können die mutmaßlichen Massenmörder - eine Schuld soll ihnen ja nicht nachgewiesen werden - sich weiter im Glanz ihrer vermeintlichen Unschuld sonnen. Und sollten in Deutschland jemals wieder die Faschisten an die Macht kommen, dürften die verantwortlichen Juristen gute Karrierechancen haben, weil sie die alten Kameraden von der Waffen-SS vor Strafverfolgung geschützt haben. Robert Seidenath, Gusterath

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