Tiere Koexistenz von Wolf und Weidetier? Funktioniert nicht!
Zur Berichterstattung und zu Leserbriefen über die Rückkehr des Wolfs in die Region schreibt Gregor Steffes:
Es war ja vorauszusehen, dass der Wolf nach jahrhundertelanger Abwesenheit zurückkehren würde. Dass es jedoch so schnell geschieht, überrascht, obwohl Wölfe ein sehr großes Reproduktions- und Verbreitungspotenzial haben. Die schnelle Ausbreitung wird uns vor große Probleme stellen und eine besondere Herausforderung für den Schutz unserer Weidetierhaltung darstellen.
Von den Naturschutzverbänden ist immer wieder zu hören, dass für den Menschen keine Gefahr vom Wolf ausgeht und die Weidetierhalter ihre Tiere mit hohen Zäunen und Herdenschutzhunden schützen können. Dieses Postulat mag für den Außenstehenden plausibel sein, praktisch ist die Forderung schwer umzusetzen. Wölfe überspringen im Blutrausch leicht einen meterhohen Elektrozaun, die interessieren auch keine 3000 bis 7000 Volt. Nicht umsonst sind Wolfsgehege mit drei Meter hohem Maschenzaun eingezäunt.
Bei Wiederansiedlung des Wolfs wird die ländliche Idylle mit dem beruhigenden Anblick von friedlich grasenden Schafen auf grünen Weiden sowie das Schauspiel der Brunft in einem Damwildgehege sowie die Weidekühe, die neben ihren Kälbchen auf der Wiese liegen und wiederkäuen, nur noch selten zu sehen sein. Der Wolf als Beutegreifer jagt die kranken, schwachen und alten Tiere und vor allem die, die in einer Einzäunung leben und nicht flüchten können. Ob durch die Rückkehr des Wolfs das Ende der Weidetierhaltung beginnt, ist schwierig vorauszusagen. Wenn die ersten Konfrontationen kommen, wird sich mancher Weidetierhalter überlegen, ob er das von ihm meist mit Liebe zu den Tieren und zur Natur ausgeübte Hobby oder seinen Nebenerwerbsbetrieb nicht besser aufgibt.
Ein Wolfsriss wird auf jeden Fall diese Entscheidung erleichtern. Es werden auch weiterhin auf unseren Wiesen Schafe weiden, jedoch eindeutig weniger Tiere.
Auf der einen Seite treten die Vertreter der verschiedenen Naturschutzverbände für die Erhaltung der Artenvielfalt und somit für die Ansiedlung der Wölfe ein, auf der anderen Seite werden viele Weidetiere dem Wolf zum Opfer fallen. Es ist ein großer Widerspruch, denn ein Teil des Naturschutzes macht andere Teile kaputt und die eigentlichen Naturschützer bleiben am Ende auf der Strecke.
Wir brauchen beim Thema Wolf eine klare, gesellschaftliche Aussage für den Wolf oder für die Weidetierhaltung. Eine friedliche Koexistenz von Weidetierhaltung und Wolf wird nach meiner Einschätzung bei uns auf Dauer nicht funktionieren.
Die zukünftig in direkter Nachbarschaft mit dem Wolf lebende Bevölkerung auf dem Land, die ernstzunehmende Bedenken gegen den Wolf hat, sollte dies auch entsprechend äußern.
Egal ob Nutztierhalter, Haustierbesitzer, Jäger, Tourismus-Manager oder die übrigen Bewohner – alle sollten erklären, unter welchen Bedingungen sie bereit sind, mit dem Wolf zu leben.
Gregor Steffes, Horath, seit 40 Jahren leidenschaftlicher Schafzüchter