Konflikte

Zur Berichterstattung über die Friedensmission der Wittlicherin Lotta Becker in Afghanistan (TV vom 16. September):

Nach einem Studientag von Pax Christi am 14. September in Trier mit dem afghanischen Politologen Dr. Matin Baraki aus Marburg möchte ich einige Anmerkungen zu der Seite im Volksfreund machen. Dr. Barakis Ausführungen sind durch die jährlichen Aufenthalte in Afghanistan, seine dortigen Gespräche mit den Menschen dort und seine Projekte für Frauen und Kinder geerdet. Die folgenden Anmerkungen beziehen sich auf Zusammenhänge und nicht auf die Arbeit von Lotta S. Becker. Der Krieg ist nicht vorbei. Beispielsweise gab es für die Bundeswehr 2012 in ihrem Zuständigkeitsbereich in Nordafghanistan einen Anstieg der sicherheitsrelevanten Vorfälle gegenüber 2011 um 25 Prozent. Die Kampfhandlungen werden nicht eingestellt, die Aufträge der Isaf-Truppen werden nach Vorstellungen der Nato-Staaten auf die afghanische Armee und die Polizei übertragen. Letztere hat seit März 2012 circa 2000 Tote zu beklagen. Aber auch die USA oder die Bundesrepublik werden weiter Soldaten stationiert lassen, natürlich unter der Sprachregelung Ausbildung, Unterstützung und so weiter. Der Bürgerkrieg ist vorauszusehen. Dr. Baraki hat einen 18-Punkte-Plan entwickelt, der auf der Überzeugung beruht, dass es über 30 Jahre mit Krieg versucht wurde und man es jetzt mit Frieden versuchen sollte. Diese Liste wird auch auf der "International Afghanistan Conference" vom 11. bis 13. Oktober in Straßburg diskutiert. Zwei Punkte daraus: sofortige Beendigung aller Kampfhandlungen und vollständiger Abzug der westlichen Truppen. Falls Afghanistan für seine Sicherheit militärische Unterstützung sucht, kann sich das Land an blockfreie Länder oder solche aus dem islamischen Kulturkreis wenden. Außerdem soll eine neue Versammlung (Loya Jirga) - Wahl unter strenger Beobachtung von NGOs (Nicht-Regierungs-Organisationen)- mit Beteiligten aus allen Gruppierungen über die Zukunft beraten. Von den Hintergrundinformationen im TV hätte ich Hinweise erwartet, die das jetzige Konzept der "nation building" auf den Prüfstand stellen, besonders auch, dass die jetzige Situation mit Korruption und Drogenanbau wesentlich mit der Kriegssituation zusammenhängt. Da der Krieg nicht vorbei ist, ist der Boden, auf dem Lotta Sjöström Becker und ihre Kollegen arbeiten, mehr als schwankend, zumal europäische und amerikanische Vorstellungen über Aufgabe und Ausbildung der Polizei sehr gegensätzlich sind. Rahmenbedingungen auf der Basis afghanischer Selbstbestimmung täten ihrer Arbeit gut. Albert Hohmann, Föhren

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