KONFLIKTE

Zur Berichterstattung über die Lage in der Ukraine nach dem Umsturz und zu den Perspektiven:

Präsident Janukowitsch ist gestürzt, aber wie geht es jetzt weiter in der Ukraine? Die Oligarchen sind noch da mit ihrem ergaunerten Reichtum. Solange sie nicht enteignet sind, bleibt ihre Macht bestehen und mit dieser auch die hohe Korruptionsrate. Sie sind auch nicht unbedingt auf Russland angewiesen, sondern können auch mit der EU Geschäfte machen und zum Beispiel billige Steinkohle für die Kraftwerke von RWE und Vattenfall liefern. Beunruhigend ist auch, dass während des langwierigen Konflikts die Faschisten immer stärker wurden - überall waren die blauen Fahnen und Abzeichen der Swoboda und die rotschwarzen Fahnen des Rechten Sektors zu sehen, der im westlichen Landesteil bereits vielerorts seine Gewaltherrschaft errichtet hat. Der Führer der bisher nur in der westlichen Ukraine starken Swoboda, Oleg Tjagnybok, hatte schon 2004, kurz nach der Gründung seiner Partei aus der Sozial-Nationalen Partei der Ukraine, erklärt, man müsse das Land aus den Krallen einer "moskowitisch-jüdischen Mafia" befreien, und die Ukraine brauche eine "dritte Revolution" - hielt er jetzt den Zeitpunkt für günstig? Der nicht an den Verhandlungen mit der Regierung beteiligte, noch extremere Rechte Sektor hatte sogar verkündet, den Waffenstillstand nicht einhalten zu wollen. Tatsächlich war das Risiko für die Faschisten bei einer weiteren Eskalation gering, die nur die verhasste Regierung weiter in Bedrängnis bringen konnte - je mehr Tote und Verletzte, umso besser für die Faschisten, die ja auch von Sanktionen nichts zu befürchten gehabt hätten. Sich mit Faschisten einzulassen, kommt immer einem Pakt mit dem Teufel gleich, in dem man seine Seele verliert. Falls in der Ukraine wieder eine EU-freundliche Regierung gewählt wird - auch die schon damals korrupte Janukowitsch-Regierung war bis November 2013 EU-freundlich - und diese nicht ohnehin von der rechtextremen Sowoboda dominiert sein wird, wird auch diese neue Regierung bald Ärger mit den Faschisten bekommen, besonders und spätestens, wenn die EU ihre angekündigten "schmerzhaften Reformen" durchsetzen will und damit Wasser auf die Mühlen der Faschisten leitet. Robert Seidenath, Gusterath

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