KULTUR

Zur Berichterstattung und Diskussion über die geplante Karl-Marx-Ausstellung in Trier diese Meinungen:

Um es vorwegzunehmen: Ich begrüße ohne Wenn und Aber, dass wir den Geburtstag von Karl Marx würdigen und daraus auch touristisch und wirtschaftlich "Kapital" schlagen. Aber muss das mit einem Aufwand von 5,6 Millionen Euro betrieben werden? Wenn Marx noch leben würde, hätte er das auch kritisch hinterfragt. Nun ist darüber ein heftiger Streit entstanden, der zwischen Oberbürgermeister Jensen und Landrat Schartz eskaliert. Man kann doch die Ausgaben spezifizieren. Was gibt man aus für Werbung, Marketing, Ausstellungsräume, Leihgebühren für Exponate? Demgegenüber stellt man die zu erwartenden Einnahmen von den Stadtführungen, Werbeflächen, Eintrittsgeldern, Sponsoring und die zu erwartende höhere Gewerbesteuer. Man will so viele Gäste nach Trier locken wie seinerzeit zur Konstantin-Ausstellung. Das wäre toll und ist für die Stadt wie für den Landkreis nur von Vorteil. Wenn ich dies alles überlege, stellt sich mir die Frage: Wie kommen so hohe Ausgaben zustande? Wir haben ein tolles Karl-Marx-Museum, wir haben im Stadtmuseum große Ausstellungsflächen, das Landesmuseum hat ebenfalls geeignete Ausstellungsräume. Alles vorhanden. Könnte es sein, dass sich mit einem geringeren Aufwand (zum Beispiel drei Millionen Euro) der gleiche Erfolg erzielen ließe? Dann hätte Herr Schartz doch recht! Wenn die Einnahmen ähnlich hoch wären wie bei der Konstantin-Ausstellung, könnte man die gesparten Summen und Überschüsse anderen Zwecken zuführen. Die Vereine würden sich freuen. Das wäre ganz im Sinne von Karl Marx. Hella Rosch, Trier Die Diskussion über die geplante Karl-Marx-Ausstellung offenbart ein Strukturproblem in der Kulturpolitik, welche zu den wenig verbliebenen Kompetenzen der Bundesländer gehört. Der Streit ist im Kern ein Stadt-Land-Konflikt: auf der einen Seite die älteste Stadt Deutschlands, die ihre Geschichte inzwischen kulturtouristisch vermarktet und mit der Ausstellung wirtschaftliche Effekte in zweistelliger Millionenhöhe erwirtschaften wird (Teile davon auch im Landkreis) und auf der anderen Seite ein seit Jahrzehnten kulturell unbeleckter Landkreis, der keine Kulturinstitutionen unterhält und daher nicht von Förderungen aus Mainz profitiert. Sachsen hat bereits in den 90er Jahren dieses Problem erkannt und gelöst. Ein Kulturraumgesetz macht Kultur als wichtigen Standortfaktor zur Pflichtaufgabe und zwingt die kommunalen Gebietskörperschaften zur Zusammenarbeit, es regelt die finanzielle Beteiligung des Landes und schafft einen finanziellen sowie inhaltlichen Ausgleich zwischen den Akteuren. Die Regionalisierung der Kulturarbeit könnte als Katalysator für die gesamte territoriale und inhaltliche Neuorganisation der Gebietskörperschaften und ihrer Verwaltungen dienen (kommunaler Schuldenschnitt inklusive). Hier lassen sich im Personalbereich bis zu 50 Prozent sparen, und dieses Geld kann dann für die Aufgaben Bildung, Kultur und innere Sicherheit eingesetzt werden. Wer hat den politischen Mut und die Durchsetzungskraft für dieses Reformprogramm, nach dessen Umsetzung Diskussionen wie über die Karl-Marx-Ausstellung überflüssig sind? Daniel Karl, Igel

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