KUNST

Zum Leserbrief "Wider die Schützengraben-Mentalität" (TV vom 18. Mai):

Die Tragödie der Näherinnen in Bangladesch wollen diese nicht als Anlass genommen sehen, die Billigprodukte zu boykottieren, da die (schlecht bezahlte) Arbeit für sie die erste bescheidene Stufe nach oben ist. Das hätte Engels damals in England auch sehen können. Er kannte manches durch eigene Anschauung und vielmehr durch fleißige Lektüre der "Blue Books" der parlamentarischen Untersuchungskommissionen, deren Arbeit die Grundlage der überfälligen neuen Gesetzgebung für eine ganz neue Situation darstellte. Die Arbeiter sind in die (hässlichen) Städte gekommen, um höhere Löhne zu verdienen und endlich ihre Stimme erheben zu können, in kommunalen, gewerkschaftlichen und politischen Assoziationen. In der Zeit zwischen 1780 und 1860 verdreifachte sich die Bevölkerungszahl Großbritanniens, und zum ersten Mal in der Geschichte litten die armen Leute nicht darunter, wie in früheren Jahrhunderten. Bis 1850 (zur Zeit des Kommunistischen Manifests) war es klar, dass der allgemeine Lebensstandard sich spürbar verbessert hatte. Diese Entwicklung war natürlich ungleichmäßig und regional unterschiedlich. Die Klassenverhältnisse in einem Land, gefangen in einem langen Übergangsprozess, waren unübersichtlich. Aber Marx konnte oder wollte den steigenden Lebensstandard nicht zur Kenntnis nehmen und blieb fixiert auf sein "unfehlbares" Dogma der Klassengegensätze und seine Voraussage einer Diktatur des Proletariats. Andere haben seine Ideen weiterentwickelt, so dass der Marxismus-Leninismus-Maoismus-Pol-Potismus und so weiter mit seinen nicht zu hinterfragenden Dogmen die Grundlage im brutalen 20. Jahrhundert für beispiellose Tötungen von "Klassengegnern" in unübertroffenen Zahlen (nach Darstellung des "Schwarzbuch des Kommunismus"). Wenn man Karl Marx als Gartenzwerg verniedlichen will, soll man nicht die Geschichte vergessen, die er repräsentiert. Peter Oldfield, Mertesdorf

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