Längst noch nicht spruchreif

Zum Artikel "Der neue Innenminister, die CSU und der Islam" (TV vom 7. März):

Zu Recht korrigierte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich das Postulat von Bundespräsident Wulff, der Islam gehöre zu Deutschland. Richtig ist, dass es sich beim Islam um eine Religion handelt, zu der sich rund 4,5 Millionen Einwohner Deutschlands (naturalisierte Deutsche und Ausländer) bekennen. Deutschland ist immer noch ein Teil des christlichen Abendlandes und die christliche Prägung des Landes ein Teil der deutschen Leitkultur.

Ob der Islam dermaleinst zu Deutschland gehören wird, das heißt von der Mehrzahl der Einwohner des Landes als ein fester Bestandteil dieses Landes aufgefasst wird, bleibt abzuwarten - ist allerdings bei der Vielzahl der Muslime und der weiteren muslimischen Zuwanderung wahrscheinlich. Das aber werden die kommenden Generationen zu entscheiden haben, weil es heute noch nicht spruchreif ist. Warum sich die muslimischen Organisationen über die Friedrich-Äußerung aufregen, bleibt mir unverständlich. Niemand hat die Anwesenheit der vielen Muslime in Deutschland infrage gestellt oder sie gar zum Verschwinden aufgefordert. Allerdings ist zu fordern, dass sie die Liberalität, die sie hinsichtlich ihres Glaubens einschließlich des Moscheebaus antreffen, auch in ihren Herkunftsländern installieren helfen.

Die Forderung des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan, seine in Deutschland auf Dauer lebenden Landsleute (sic!) mögen erst Türkisch und erst dann Deutsch lernen, seine Warnungen vor der angeblich in Europa grassierenden Islamophobie und seine Ankündigung, den eingebürgerten Türken entgegen dem deutschen Recht parallel zur türkischen Staatsbürgerschaft zu verhelfen, werden dazu führen, dass sich die hier lebenden Türken - und das sind nun mal die meisten Muslime im Land - nicht so leicht integrieren; sie werden von der deutschen Mehrheitsgesellschaft weiterhin als Ausländer wahrgenommen. Solange Herr Erdogan fortgesetzt die Integration behindern will, wünsche ich mir ihn eher in der Türkei als in Deutschland.

Wolf-Rüdiger Wulf, Trier

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