Landwirtschaft

Zum Artikel "Pflanzengift in 14 Biermarken gefunden" (TV vom 26. Februar) und zur Diskussion um Glyphosat:

Welche Art der Landwirtschaft wollen wir mit unseren Steuergeldern subventionieren? Nun haben die Verbraucher also Glyphosat im Bier und bezahlen mehrfach: Steuergelder für eine verfehlte Agrarpolitik, die den Artenverlust und die Umweltbelastung durch Pflanzenschutzmittel mehr fördert als artenreiche Landschaften mit Kornblumen, Klatschmohn, Hecken, Streuobstwiesen, sauberem Trinkwasser, unbelasteten Lebensmitteln und einer artgerechten Tierhaltung. Warum nun das vermehrte Auftreten von Glyphosat? Seit der Industrialisierung in der Landwirtschaft werden Pflanzenschutzmittel eingesetzt und trotz eingehender kostenintensiver vorhergehender Prüfung immer wieder im Grundwasser, Boden oder in Lebensmitteln in erhöhten Konzentrationen gefunden. Auch für diese Unbedenklichkeitsprüfungen zahlen wir als Verbraucher und Steuerzahler doppelt: erhöhte Wasseraufbereitungskosten, Rückstandmessungen und Skandale in der Lebensmittelerzeugung. Der Preisverfall bei Lebensmitteln zwingt Bauern dazu, immer kostengünstiger zu produzieren. Verbraucher müssen sich fragen, was ihnen die Güter langfristig wert sind und wie lange sie bereit sind, doppelt abkassiert zu werden. Sind billige Lebensmittel wirklich so billig oder welchen Preis nehmen wir dafür stillschweigend in Kauf? Wo möchten wir lieber Urlaub machen und unsere Freizeit verbringen? Zwischen intensiv gedüngten Maisfeldern, endlosen Getreidefeldern und erosionsanfälligen und gentechnisch veränderten Zuckerrübenfeldern oder in einer artenreichen, naturnahen und schönen Kulturlandschaft? Wo werden nachfolgende Generationen Kornblumen, Klatschmohn und blühende Landschaften noch sehen? Mit Glyphosat wird alles totgespritzt, das Pflanzenschutzmittel galt bei der Markteinführung als sehr umweltfreundlich, weil es in Wasser und Kohlendioxid zerfalle, wurde von ausgewiesenen Experten behauptet. Nun wird von der WHO der Verdacht ausgesprochen, das Pestizid sei "wahrscheinlich krebserregend". (Anm. d. Red.: Die zuständige EU-Behörde Efsa erklärt es dagegen für "wahrscheinlich nicht krebserregend".) Dies heißt doch, dass im Vorfeld von Pflanzenschutzmitttelzulassungen niemals alle Gefahren vorab geprüft und ausgeschlossen werden können, ansonsten hätte es viele Skandale und Rücknahmen von Pflanzenschutzmitteln vom Markt niemals gegeben. Aber diese Zusammenhänge wollen Interessenvertreter wie der Deutsche Bauernverband oder der Industrieverband Agrar natürlich nicht darlegen. Hier wird abgelenkt auf die Importe aus dem Ausland mit angeblich niedrigeren Umweltstandards. Dass deutsche Bauern im Ausland Pflanzenschutzmittel einkaufen, die hier verboten sind, wird nicht gesagt, auch nicht, dass der Industrieverband natürlich sehr gut am Verkauf von Pflanzenschutzmitteln verdient. Der Bauernverband setzt sich für die Förderung einer großflächigen konkurrenzstarken Intensivlandwirtschaft ein. Der Einsatz von Glyphosat hat sich deswegen so stark ausgeweitet, weil das Abspritzen von Unkräutern billiger ist als mehrfaches mechanisches Unterpflügen mit einer entsprechenden unkrautregulierenden Fruchtfolge. Bei den Versuchen mit gentechnisch veränderten Pflanzen wie Mais und Zuckerrüben sind diese so manipuliert, dass diese Pflanzen den Einsatz von Glyphosat überstehen und auf die mechanische Unkrautregulierung verzichtet wird. Gerste ist meist vor diesen gentechnisch veränderten Pflanzen angebaut und kann dann - anstatt umgepflügt zu werden - mit Glyphosat abgespritzt werden. Rheinland-Pfalz hat sich für Gentechnikfreiheit ausgesprochen. Prost und guten Appetit! Elsbeth Winkler, Trier

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