Lebensqualität lässt sich nicht in Asphalt messen

Zum Artikel "Streit um die Verkehrspolitik in der Region verschärft sich" (TV vom 15./16. Mai):

Deutschland gehört weltweit zu den Ländern mit der höchsten Straßenverkehrsdichte. Die Verkehrspolitik ist seit Jahrzehnten auf die Fortbewegung und Transport per Automobil ausgerichtet. Durch diese Einseitigkeit haben wir viele Schienenverbindungen eingebüßt. Ein Beispiel fehlender Weitsicht und ein trauriger Rekord, der nur noch von Polen übertroffen wird.

Wo möchten wir Deutschland in den nächsten zehn bis 20 Jahren eigentlich sehen? Wer glaubt, mit den jahrzehntealten Vorgehensweisen ein für die Zukunft gewappnetes Land zu schaffen, übersieht zwei Realitäten. Erstens: Unser dichtes Straßennetz hat uns nicht davor bewahrt, dass wir uns heute in einer tiefen Krise befinden. Mehr Asphalt stellt keine Lösung dar. Zweitens, wir befinden uns in einer neuen Zeit mit tiefgreifenden Änderungen globalen Maßstabs. Neben den neuen Supermächten Asiens, insbesondere China, wird Deutschland international eine immer geringer werdende Rolle spielen. Es sei denn, wir entwickeln uns zu einer Vorzeigenation, in der Lebensqualität vor allem anderen steht. Das heißt: Konzentration auf die Entwicklung zukunftsweisender Arbeits- und Lebensweisen sowie Technologien in den Bereichen Wohnen/Transport/Energie, in denen Natur nicht mehr die Position des Opfers, sondern den höchsten Stellenwert hat. Unabdingbare Voraussetzung hierfür ist Investition in Bildung auf höchstem Niveau. Nur dies zahlt sich tatsächlich und für alle aus. Wir haben alles Potenzial, dies zu erreichen, wenn wir uns von der Devise "das haben wir schon immer so gemacht" lösen.

Aber nun zur B 50 neu. Viel schwerwiegender als die Auswirkungen der Hochmoselbrücke ist der irreversible Naturverbrauch durch die geplante Trasse. Es gehen unwiederbringlich einzigartige, sich in harmonischer Ruhe befindliche Wald- und Wiesengebiete mit hoher Biodiversität und einem unschätzbaren Erholungswert für Anwohner und Besucher verloren. Was bringt uns wirklich Lebensqualität? Gibt uns das Erleben von Natur nicht eine größere, langanhaltendere Zufriedenheit als das Befahren einer Straße wenige Minuten mehr oder weniger lang?

Rainer Manderscheid, Zeltingen und Brühl

Verkehr

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