Katholische Kirche Leere Worte, leere Versprechungen

Zu den Artikeln „Entschädigung der Opfer kommt“ und „,Es wird weiter schmerzlich bleiben’“ (TV vom 10. Januar) schreiben Marian Modemann und Marion Bous:

Zehn Jahre ist es her, als in Deutschland Kindesmissbrauch ein Thema in der Öffentlichkeit wurde (Missbrauch am Canisius-Kolleg in Berlin). Was hat sich seit dieser Zeit getan? Viele leere Worte, viele leere Versprechungen, viel Ablenkung vom Thema, sonst nichts (siehe die sogenannte Missbrauchsstudie der katholischen Kirche – die Autoren hatten keinen Zugang zu den Archiven, sie waren den Hütern der Bistumsarchive ausgeliefert). Zudem wird immer wieder über „Entschädigungssummen“ gesprochen. Wie entwürdigend ist das denn? Sind die Opfer „Stricher“, die es abzuspeisen gilt?

Ich befürchte, es wird so weitergehen. Hätten die Täter, die Mittäter (die sich durch Vertuschen der Verbrechen oder Versetzen der Täter in andere Orte womöglich mitschuldig gemacht haben) einen Hauch von Rückgrat, würden sie schweigen und die Opfer nicht weiter quälen und verspotten.

Was kann man erwarten, hoffen? Der Gesetzgeber sollte reagieren. Es hat sich herausgestellt, dass die Opfer Jahre brauchen, um über die erlittenen Verbrechen zu sprechen. Kann man da die Verjährungsfristen beibehalten? Nein. Man muss die seelischen Schäden der Opfer berücksichtigen und die Fristen natürlich nicht nur auf Täter, sondern auch auf Mittäter anwenden.

Gesetze sind gut. Aber Gesetzen muss zur Geltung verholfen werden; man muss dafür sorgen, dass sie für alle gelten, ausnahmslos. Informationen, Beweismittel, die zur Aufklärung beitragen, müssen gesichert werden. Institutionen, Menschen die das zu verhindern suchen, müssen belangt werden.

Marian Modemann, Trier

Es ist mir unbegreiflich, wie ein Mensch und seine Institution immer wieder erneut die Missbrauchsopfer zu Opfern machen können. Ein solches Verhalten ist das krasse Gegenteil des Auftrags, den Gott uns erteilt hat. Vergeben und verzeihen gehören zu diesem Auftrag. Dies kann jedoch nur geschehen, wenn die Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Alle Opfer leiden, schon seit dem Zeitpunkt des Geschehens. Missbrauch zerstört Vertrauen, Lebensfreude, Achtung, Selbstachtung. Zehn Jahre falsches Suchen von Regelungen zur Entschädigung sind genug. Die Opfer sollten aus Geldern der Institution (keine Kirchensteuern) entschädigt werden, notfalls aus Immobilienverkäufen oder Erbschaften (von Menschen, die ihr Erbe vertrauensvoll an die Institution, zum Zwecke der guten, sinnvollen, sozialen Nutzung, spendeten). Eins muss uns bewusst sein: Kein Geld kann die Taten ungeschehen machen, gerade jüngere Opfer haben ein schweres Leben vor sich; jeder Tag, jede Schlagzeile ist erneutes Leid.

Marion Bous, Trier-Ehrang

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