Leserbrief Unverständlich, holprig oder einfach nur „absurd“: Meinungen zum Gendern

Gendern in der deutschen Sprache

Zu den Artikeln „Gendern: Ein Sternchen erhitzt die Gemüter“, „Trierer Sprachforscher: „Das Gendern wird sich weiter einspielen“ und den Kommentaren „Entspannt euch!“ und „Es gibt Wichtigeres!“ (TV vom 8. Juli):

Liebe Anhängerinnen und Anhänger der gendergerechten Sprache, warum muss die gendergerechte Sprache so kompliziert und so holprig sein, wenn es doch viel elegantere Lösungen gibt? Die ganzen komischen Konstruktionen in der Schriftsprache behindern, wie von allen Gegnerinnen und Gegnern des Genderns angeführt wird, den Lesefluss und oft auch die Verständlichkeit des Textes.

Es ist in der Tat mühsam, wenn ich mich beim Lesen mehr auf die genderkorrekte Form als auf die Bedeutung der Worte konzentrieren muss. Dabei besteht doch dafür keine Notwendigkeit. Statt einer komplizierten Form mit *, I,/ kann man doch einfach beide Formen mit einem „und“ beziehungsweise „oder“ verbunden nennen. Wenn man dazu noch höflich ist, nennt man die weibliche Form zuerst. Wenn man das konsequent macht, wird auch in einem Satz sofort klar, ob bei einer Personengruppe nur die männlichen oder nur die weiblichen oder doch Mitglieder beiderlei Geschlechts gemeint sind.

Noch schlimmer ist die Unverständlichkeit oder besser die Gefahr von Missverständnissen beim gesprochenen Wort. Kaum eine Sprecherin oder ein Sprecher und erst recht kaum eine Zuhörerin oder ein Zuhörer hört wirklich den sogenannten „Gender-Gap“.  Wenn ich also in den Sportnachrichten zum Beispiel von der Deutschen Meisterschaft der „Reiter _ innen“ höre, weiß ich nicht, ob es sich um die Meisterschaft der Reiterinnen, die es ja auch gibt, handelt, oder um die Meisterschaft der Reiter und Reiterinnen.

All diese Probleme wären vermeidbar, wenn man, da wo es möglich ist, beide Sprachformen, männlich und weiblich, verbunden mit „und“ beziehungsweise „oder“ benutzt. Damit würde sowohl der gendergerechten Sprache als auch der Verständlichkeit der Sprache Genüge getan.

Es gibt die Frau und den Mann – soweit alles klar! Aber im täglichen/praktischen Leben gibt es die Frau und den Herrn! Bekomme ich Post, steht auf dem Umschlag: Frau Aretz. Mein Nachbar bekommt Post mit der Anrede Herr …

Schreibe ich einen Brief, adressiere ich ihn an: Frau ... Geht es an einen Mann, so schreibe ich: Herr …

Auch bei der Anrede heißt es: Sehr geehrte Frau! und bei dem Mann: Sehr geehrter Herr! Sitze ich in irgendeinem Wartezimmer, so werde ich aufgerufen mit Frau und der Mann neben mir mit Herr. Sollte man hier nicht anfangen, etwas zu verändern? So wie in England beispielsweise? (Madame, Sir). Wie fühle ich mich in Frankreich wertgeschätzt, wenn man mich mit „Madame“ anspricht. Dies schrieb Frau Christel Aretz. Wären diese Zeilen von einem Mann geschrieben, so hieße es: „Herr Sowieso hat Folgendes geschrieben“.

Ich habe mittlerweile das „stattliche Alter“ von 77 Jahren erreicht und habe mich noch nie in allgemein geführten Diskussionen oder veröffentlichten Artikeln und Berichten nicht angesprochen gefühlt. Professor Wengeler meint, „es würde sich einspielen.“

Ist von Sternchen, Doppelpunkten, Formulierungen oder sonst irgendwelchen Satzzeichen das Selbstwertgefühl einer Frau oder der Frauen abhängig? Arme Feministinnen, die sich auf diese Weise (mehr) Gehör verschaffen müssten! Wie weit es dabei kommt, kann man zurzeit mit Grauen in den beiden „Werken“ sehen, welche uns die beiden Parteivorsitzenden der Grünen präsentieren.

Ich bin mal gespannt, welche lange gebräuchlichen Begriffe als Nächstes tabu sind. Hier mein Versuch, die Absurdität zu verdeutlichen, wenn das Thema selbst durch abstruse Ideen absurd auf die Spitze getrieben wird: Meine Empfehlung: Für jeden Bürger sollte man ein kostenloses Buch drucken, in dem vorausschauend alle möglicherweise tabuisierten Begriffe aufgelistet sind, das er auswendig lernen muss und – bei Strafandrohung –  immer mit sich führt, damit ihm das fürchterliche Versehen nicht unterläuft, einen Begriff zu benutzen, der mit einem Tabu belegt ist. Ja, wo kämen wir da hin, wenn die immer stärker verhunzte Sprache nicht durch Verbote, Gebote und Befehle durchgesetzt werden würde? Zusätzlich sollte eine neue Behörde mit Sprachpolizisten gegründet werden, die den unmündigen Bürger diesbezüglich überwacht und harte Strafen bei Zuwiderhandlung verteilt. Ein herzlicher Gruß an alle Misanthropen!

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