Leserbrief Für diese Kirche hat Jesus sich nicht ans Kreuz nageln lassen

Kirche

Zu: „Ackermann: Kirche braucht mehr als einen Missbrauchsbeauftragten“ (TV, 16. Dezember):

 

Kürzlich war Weihnachten, die Christen feierten die Geburt Jesu. Doch was ist in seiner Kirche los?  Missbrauch durch Priester, Diskriminierung von Frauen, Homosexueller, Wiederverheirateter und Anderskonfessioneller. Es gipfelt im Vertuschen der Missbrauchstaten, Schützen der Täter und Belassen im Amt, Schützen der Vertuscher durch den Papst und Alleinlassen der Opfer. Dafür wurde Jesus nicht geboren, und dafür hat Gott seinen Sohn nicht in die Welt gesandt.

Wegen der Missstände in der Kirche treten viele unbescholtene Katholiken aus. Wenn den Bischöfen wirklich so viel an der Reputation der Kirche liegen würde, würden diejenigen mit Dreck am Stecken ihren Hut nehmen, die Täter mitnehmen und aus der Kirche austreten. Das würde zeigen, wie ernst sie es mit ihrer Sorge um die Reputation der Kirche meinen. Es hätte nicht nur eine positive Wirkung für die Kirche, sondern einen entscheidenden Vorteil: Der Papst könnte sie nicht mehr im Amt belassen. Leicht ist es, diesem den Rücktritt anzubieten – mit dem Wissen, dass er sie nicht fallen lässt.

Deshalb machen die Kirchenfürsten weiter wie bisher. Auch Bischof Ackermann lehnt seinen Rücktritt im Interview kategorisch ab. Das eigene Vertuschen der Missbrauchsfälle öffentlich zuzugeben, ist aus meiner Sicht längst überfällig. Im Interview hatte er nicht den Mut dazu und hat nur von „man“ gesprochen. Das Verschleppen der Aufarbeitung gesteht er auch nur, indem er es verharmlost: „Ich bin überzeugt, dass wir nicht ein besonders schlimmes Beispiel dafür sind, wie man Aufarbeitung verschleppt“. Diese Skandalworte retraumatisieren die Opfer.

Gleichzeitig haut er seine Bischofskollegen in die Pfanne, denn indirekt drückt er aus, dass in allen anderen Bistümern wohl noch eine viel schlimmere Verschleppung stattfindet.  Ist das eines Bischofs würdig? Interessant ist, wie der Satz von ihm beendet wird: „sondern dass wir das wirklich konsequent betreiben, nach den festgelegten Kriterien“. Er wird vielleicht behaupten, dass er das so nicht sagen wollte. Ein „Freud‘scher Versprecher“ zeigt die Wahrheit. Vielleicht hat der Heilige Geist ihm diese Worte in den Mund gelegt, damit es endlich Konsequenzen gibt. Das Haus des Herrn darf nicht länger eine Räuberhöhle sein. Da reicht kein einzelner Rücktritt eines Bischofs mehr. Für diese Kirche hat Jesus sich nicht ans Kreuz nageln lassen.

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