Leserbrief Der großen Aufgabe durchaus gewachsen, nicht nur vielleicht!
Oper
Zum Artikel „Der ,Rosenkavalier´ feiert Premiere“ (TV vom 16. Mai):
Die Kritik von Martin Möller an der Trierer Premiere ist in vielen Teilen nicht nachvollziehbar: Was sich Marschallin und Octavian am Beginn der Oper nach einer Liebesnacht zu sagen haben, geht nicht unter, es entspricht genau dem, was der Librettist Hugo von Hoffmannsthal gedichtet hat und so kommt es auch an.
Und der anrührende Moment im zweiten Akt, in dem Octavian und Sophie sich ineinander verlieben, bleibt nicht aus: Als sich beide bücken, um etwas vom Boden aufzuheben, begegnen sich ihre Blicke, und sie können kaum noch von sich lassen. Dass die Überreichung der Rose zum Klamauk missraten sein soll, ist auch nicht nachvollziehbar.
Die unterschiedliche Kostümierung zwischen Rokoko und Moderne lässt sich doch leicht dahingehend verstehen, dass das alte Ritual historisch, die Beziehungsprobleme aber durchaus aktuell sind.
Auch dass die Sänger eng und angestrengt wirken würden, ist nicht nachvollziehbar. Sie haben durchaus überzeugt und gefallen! Dass hier jede Einzelleistung unterschiedlich beurteilt werden kann, bleibt unbenommen.
Dass das Orchester sehr gelobt wird, kann man sehr gut nachvollziehen, doch hat es – im Unterschied zur Meinung von Herrn Möller – öfter mal, vor allem im dritten Akt, die Sänger doch zu sehr übertönt. Das zögerliche Resümee, dass das Theater Trier, vielleicht auch 2022, so wie in der Aufführung von 1979 „der großen Aufgabe gewachsen“ gewesen sein könnte, ist unangemessen: Es war eine großartige Aufführung!