Leserbrief Schurkengipfel — Zum Treffen von Putin und Erdogan mit Raisi

Außenpolitik

Zum Artikel „Putins Reise zum Not-Verbündeten“ (Trierischer Volksfreund vom 19. Juli):

In der iranischen Hauptstadt Teheran haben sich zwei Autokraten und ein Diktator, Putin, Erdogan und Raisi, getroffen, um über ihre weiteren Beziehungen zu reden. Gemeinsam sind ihnen ihre Ablehnung von Demokratie und Menschenrechten, aber auch ihr Interesse an ökonomischer Kooperation — wobei Putin der Türkei und dem Iran gerne Erdgas verkaufen möchte, da der Westen als Abnehmer weitgehend ausgefallen ist.

Aber sie haben auch gegensätzliche Interessen, vor allem auf machtpolitischem und militärischem Gebiet: Putin will wie der Iran die territoriale Integrität Syriens schützen — natürlich im Interesse des Assad-Regimes, wovon aber auch die demokratischen Kurd*innen in Nordsyrien einen (begrenzten) Nutzen haben.

Aber Putin schützt auch indirekt Israel vor Angriffen iranischer und mit dem Iran verbündeter Milizen aus Syrien, indem er israelische Gegenschläge nicht verhindert. Erdogan dagegen ist offen israelfeindlich – wie in noch größerem Ausmaß natürlich auch der Iran –, hat bereits syrisches Staatsgebiet annektiert, kooperiert mit dem IS und droht mit weiteren Angriffen auf die demokratisch verwalteten kurdischen Gebiete; andererseits will er – als Staatsführer eines Nato-Staats! – militärisch mit dem Iran zusammenarbeiten. Und Raisi? Der will gerne mit allen zusammenarbeiten, die die iranische Atombombe zumindest nicht aktiv verhindern wollen; gegen den islamfaschistischen IS ist er – selbst Islamfaschist –  im Gegensatz zu Erdogan deshalb, weil der IS sunnitisch und daher antischiitisch ist, nicht etwa wegen dessen Grausamkeit.

Von diesem Schurkengipfel war wohl kaum Gutes für Frieden, Demokratie und Menschenrechte zu erwarten, aber immerhin hätte Putin sich vielleicht das Verdienst erwerben können, Erdogan die rote Karte für weitere Aggressionen in Syrien zu zeigen, nachdem der vorgeblich so sehr auf Völkerrecht und Menschenrechte bedachte Westen dies bislang unterlassen hat. Und Erdogan hätte sein russisches Flugabwehrsystem der Ukraine zur Verfügung stellen können; gegen die angeblich für die Türkei so hochgefährlichen kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) braucht er es doch nicht, denn die haben keine Luftwaffe.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort