Leserbrief Bei vielen dient der Konsum ausschließlich zur Deckung der Grundbedürfnisse

Kaufverhalten

Zum Gastbeitrag „Der wartende Konsument“ von Prof. Dr. Michael Jäckel (TV vom 26. August):

Im oben genannten Artikel stellt Prof. Dr. Michael Jäckel dar, wie er die aktuelle Kaufzurückhaltung erklärt. Offensichtlich hat er bei seinen Forschungen zum Konsum eine relativ große Gruppe in unserer Gesellschaft übersehen, die nur über geringe finanzielle Mittel verfügt, um ihr Leben zu gestalten.

Diese Bevölkerungsgruppe interessiert sich nicht für Überdehnung der Gegenwart, langfristige Zukunftsorientierung, Selbstverwirklichungsbedürfnisse, Tunnel-Effekt, weniger macht glücklich, langlebige Güter und Freude am Fortschritt, unreflektierte Wahl selbst im Niedrig-Preis-Segment, Status-und Erlebniskonsum und Konsumfreude (Ausführungen zu vorgenannten Punkten würden diesen Rahmen sprengen). Konsum dient hier ausschließlich zur Deckung der Grundbedürfnisse. Das heißt, das Einkommen wird günstigenfalls komplett für Lebensmittel, Strom, Miete etc. ausgegeben.

Zeit wird hier tatsächlich zu einer kritischen Variable in dem Sinne, dass Mitte des Monats noch viel von diesem übrig und der Kühlschrank bereits sehr leer ist, der Gang zur Tafel wohl wieder unausweichlich wird.

Der von Herrn Jäckel angeführte Tunnel-Effekt bedeutet für diese Menschen nur, dass tatsächlich auf absehbare Zeit kein Licht zu erkennen ist in Form von überschüssigen 100 Euro, um in die Lage versetzt zu werden, die Präferenzen zu ändern und glücklicherweise vor der Unsicherheit zu stehen, eine richtige Entscheidung treffen zu müssen, ob man diese aufs Konto legt, nicht ausgehend von 9.900 auf 10.000 Euro oder 300 auf 400 Euro, sondern bestenfalls von 0 auf 100 Euro.

Man könnte das Geld ja auch für einen kleinen Ausflug oder Kinobesuch „verjubeln“, um mal wieder am sozialen Leben teilhaben zu können, das 9-Euro-Ticket lässt grüßen.

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