Meinung Landrat hätte besser geschwiegen

Zum Finanzskandal im Jugendamt des Eifelkreises meint dieser Leser:

Jeder kritische Normalbürger fragt sich, wie es möglich sein konnte, dass ein Mitarbeiter des Jugendamtes Bitburg-Prüm über 13 Jahre hinweg einen stattlichen Betrag von über 1,5 Millionen auf das Konto seiner Stieftochter abzweigte, ohne behördenintern aufzufallen. Landrat Streit übernimmt für dieses finanzielle Dilemma schon mal die ‚Gesamtverantwortung‘. Schuld an dem Finanzskandal seien nicht die Vorgesetzten des mutmaßlichen Täters, sondern in erster Linie die technisch wohl nicht ausgereifte Kassen-Software, welche die Geldunterschlagung so leicht ermöglicht hätte. Das Computerprogramm habe einen „blinden Fleck“, und es sei somit nur schwer überprüfbar, wohin das Geld verschoben worden sei.

Dümmlicher oder gar arroganter kann eine Argumentation für das totale Kontrollversagen einer Behörde nicht sein. Nicht das „System‘“, sondern Menschen, also Vorgesetzte und verantwortliche Mitarbeiter des Jugendamtes Bitburg-Prüm, haben hier wohl in erster Linie versagt, vielleicht auch punktuell die von Menschen programmierte Software. Nicht das „System“ ist schuld, sondern der jeweilige Verantwortungsträger.

 Einfache und praxiserprobte Kontroll- und Prüfmechanismen wurden offenkundig sträflich außer Acht gelassen. Unterschlagen wurden auf Jahre nicht nur kärgliche Cent-Beträge.

Man glaubt es kaum: Landrat Streit kündigt nun bessere Finanzkontrollen an und schließt nicht aus, interne Prüfbeauftragte einzustellen, die die Finanzströme unter die Lupe nehmen. Bei allem, was getan werde, müsse man laut Streit aber auch den Aufwand und die Kosten im Blick behalten. Wohl wahr!! Eine Aussage, die äußerst befremdlich klingt.

Jährliche Kassenprüfungen sind in kleinsten Vereinen, Gruppierungen und privaten Unternehmen satzungsgemäße Regeln, die es akribisch einzuhalten gilt. Bei stichprobenartigen Überprüfungen der Geldströme durch versierte interne und externe Kassenprüfer hätte man sicherlich leicht und zeitnah feststellen können, ob die geldlichen Überweisungen zu Recht oder an nicht berechtigte, beziehungsweise nicht existierende Personen gezahlt wurden.

Landrat Streit hätte besser geschwiegen und das laufende Strafverfahren gegen seinen untreuen Mitarbeiter abgewartet.

Bleibt die Hoffnung, dass die polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen Licht in das dunkle Finanzchaos des Jugendamtes bringen mögen. Nicht das Computerprogramm hat einen „blinden Fleck“, eher offenbarten die Behörden-Verantwortlichen blindes Vertrauen in das System und agierten zumindest bis zum Finanz-Skandal erkennbar unprofessionell. Nun sind unterschiedliche konkrete Konsequenzen unabdingbar.

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