Leserbrief Gemeint ist das Stroh

Brauchtum

Zu unseren Ankündigungen zu dem Brauchtum am ersten Sonntag der Fastenzeit, dem „Radscheewen“, schreibt dieser Leser:

Regelmäßig zu Beginn der Fastenzeit laden Vereine zu einem erhaltenswerten Brauch ein, zum „Radscheewen am Scheewe Sunnech“. Das wird dann leicht mit „Radschieben“ und „schiefer Sonntag“ übersetzt. Gemeint ist ein uralter Feuerbrauch am ersten Fastensamstag oder -sonntag. Der Unkundige bringt das Wort „Radscheewen“ viel zu oft in Verbindung mit „Radschieben“ und suggeriert dadurch, das Dialektwort „scheewen“ habe etwas mit „schieben“ zu tun. Aber das ist falsch. Schließlich rollen die brennenden Räder den Berg hinab. Da braucht kein Mensch zu schieben!

Der Begriff „Rad scheewen“ wurde auch in der Umgangssprache nie gebraucht, dafür aber „Scheef-, Schoaf- oder Schöfsunnich“. Sunnich steht für Sonntag. Das Dialektwort „Scheef oder Schoof“ leitet sich ab von dem mittelhochdeutschen „schoup, schof“ hin zum hochdeutschen Wort „Schaube“. Damit ist stets „Stroh“ (-bündel) gemeint. Und dass Stroh den Inhalt der variierenden Bräuche bestimmt, ist allerorts feststellbar.

Strohräder werden geflochten und brennend einen Berg herunterrollen gelassen. Nie geschoben! Stroh- und Holzhaufen werden angezündet, um den kommenden Frühling willkommen zu heißen, Strohpuppen als ungeliebtes Wintersymbol verbrannt. Und die Jugend in Kopp bei Gerolstein oder in Udler treibt „Strohbären“ durchs Dorf. Und in Hillesheim wird eine Strohpuppe, der „Nubbel“, verbrannt!

In alten Sprüchen, Liedern, Redewendungen und im Eifeler Brauchtum wird „Schoof“ stets als Dialektwort und in Verbindung mit Stroh gebraucht: „Er liegt auf Schoof, es läutet auf Schoof“ (Der Tote liegt aufgebahrt auf Stroh. Es läutet für einen Verstorbenen). „Bifle, bifle, Böfchen (Bübchen, Knabe), get oos e kle Schöfchen!“ deklamierten Kinder im Fleringer Raum, wenn sie um Stroh baten, während die Kinder im Gerolsteiner Raum es so formulierten: „Dir – li löfchen, get mir e kle Schöfchen, so dick wie e Perdsleif (Pferdeleib), bis Johr git et Koor reif.“

Von daher sollte künftig das Wort „Radscheewen“ gänzlich vergessen und dafür besser zu einem „Feuerbrauch an Scheef- (Schauf-, Schoof-) Sonntag“ oder „Räder brennen“ geschrieben werden. Das wäre für eine alle dialekt- und brauchtumsliebenden Menschen passender – und für alle anderen auf jeden Fall richtig.

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