Leserbrief Kein Ressentiment darf bleiben

Grenzöffnung

Zu unserem Bericht „Korken knallen in den Grenzgemeinden“ (TV vom 15. Mai), in dem wir Reaktionen aus Orts- und Verbandsgemeinden zur Öffnung der Grenzübergänge nach Luxemburg schilderten, schreibt dieser Leser:

„Korken knallen in den Grenzgemeinden“: So titelte der TV, nachdem die Grenzübergänge nach Luxemburg wieder geöffnet wurden. Könnte man auch sagen: Ende gut, alles gut? Mitnichten! Denn Ressentiments schwingen mit, wie es die sozialen Medien verbreiten. Leider, wenn auch durchaus verständlich.Nicht nur die deutschen Grenzbewohner hatten unter dieser übereilten und unangemessenen einseitig deutschen Grenzschließung zu Luxemburg – angeblich zum Gesundheitsschutz der Menschen – zu leiden. Vor allem die luxemburgischen Nachbarn fühlten sich brüskiert – zu Recht!

Nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges wurden die wieder gewachsenen gut nachbarschaftlichen Beziehungen durch die Abschottung der Deutschen erheblich beschädigt. Es entstand der Eindruck, als seien die Luxemburger mitverantwortlich, wenn sich die Corona-Krise in Deutschland weiter verschärfe. Dafür aber gab es keine einsichtigen Gründe.

Diese Grenzschließung sei „grotesk“, kritisierte Jean-Claude-Juncker in einem Videobeitrag zum Parteitag der Grünen in Deutschland Anfang Mai. Jean Asselborn, luxemburgischer Außenminister, setzte sich mit allem diplomatischen Nachdruck für die Grenzöffnung ein. Aber bei den Regierenden in Berlin gab es keine einsichtige Reaktion. Die luxemburgischen Kollegen mussten sich düpiert fühlen.

Selbst Jean-Claude Hollerich, Kardinal von Luxemburg, wurde wohl nicht ernst genommen, als er am Europatag in Schengen, 9. Mai 2020, ein eindrucksvolles, überzeugendes und nachhaltiges Zeichen setzte. Für ein versöhntes und  friedvolles Europa stellte er vor die Europafahne eine brennende Kerze, nachdem er in einer Ansprache gefordert hatte: „Macht die Grenzen auf! Jeden Tag, an dem die Grenzen zu sind, geht ein Stück Ideal von Europa verloren“ (deutsche Übersetzung).

Grenzbewohner und Politiker haben für die Grenzöffnung demonstriert und fast inständig an den Bundesinnenminister appelliert, die Grenze zu öffnen. Jetzt endlich, nach dem 15. Mai 2020, ist die Grenze nach Luxemburg wieder offen. Jetzt kein Ressentiment mehr! Die beiden Außenminister, Jean Asselborn von Luxemburg und Heiko Maas von Deutschland, haben sich am Samstag, am Tag nach der Grenzöffnung, 16. Mai, zu einer freundschaftlichen Begegnung auf der Brücke von Schengen getroffen. Das war eine symbolisch aussagekräftige Geste der Verbundenheit. Gut so! Lasst uns mit ihnen  nach vorne schauen und gemeinsam Europa leben!

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