Politik Leyenspielertruppe

Zum Artikel „Von der Leyen unter Druck“ (TV vom 11. Februar) schreiben Peter Oldfield und Axel Barta:

Ende Dezember leitete Ursula von der Leyen mit einem großen Lächeln das Impfprogramm der EU ein. Mittlerweile stockt das Programm, und Impfzentren europaweit sind zwar bereit, aber oft ohne Impfstoff. Die EU-Institutionen haben eigentlich wenig Verantwortung für die Gesundheit der Bürger, aber die Regierungen befürchteten heftigen Streit, wenn Bayern Partys feierte und Bulgarien mit weiteren Todesfällen kämpfte, und haben also der EU die Verantwortung für die Beschaffung der Impfstoffe übertragen. Die EU-Beamten fühlen sich eher zu Hause mit Rindfleischquoten und Produktetikettierungen als mit Verträgen, Produktion und Logistik einer ganz neuen pharmazeutischen Lösung für eine Pandemie. Es war irgendwie typisch, dass sie sich als Erstes gegen eventuelle Haftungsklagen abgesichert und Langsamkeit bei der Zulassung des Impfstoffs zu einer Tugend erhoben haben. Es war außerdem ein Fehler, Verträge mit vagen Lieferzielen abzuschließen und um einen niedrigen Preis zu feilschen. Die Unternehmen hatten dadurch einen Anreiz, diejenigen zu bedienen, die zuerst bestellten und mehr zahlten.

Als die pharmazeutischen Firmen Produktionsschwierigkeiten meldeten, kam bei Ursula von der Leyen Panik auf, und sie wollte schnelle Exportkontrollen für Impfstoff durchsetzen, was die Weltgesundheitsorganisation („Impfnationalismus“) schockierte und Premierminister Johnson die besten Schlagzeilen seit langem bescherte. Manche Beobachter sehen sich bestätigt über die Art und Weise, wie Frau von der Leyen zur Kommissionspräsidentin geworden ist – in einem Kuhhandel zwischen Merkel und Macron gekürt und nach Brüssel entsandt, wo sie bis zu dem Zeitpunkt gar keine Erfahrung vorzuweisen hatte. Die EU-Abgeordneten haben kein Rückgrat gezeigt, was die Gefahr birgt, dass 2024 dasselbe passiert. Bei einer demokratisch verfassten Regierung müsste Frau von der Leyen ihren Hut nehmen, sie würde einer fähigeren Person Platz machen und für mehr Vertrauen bei den 450 Millionen EU-Bürgern sorgen.

Peter Oldfield, Mertesdorf 

Als die Meldung durch die Medien ging, dass Ursula von der Leyen Fehler bei der Impfstoffbeschaffung eingeräumt hatte, dachte ich zunächst, sie hätte tatsächlich verstanden. Wie naiv. Da stand sie nun, in gewohnter Theatralik und diesem Gesichtsausdruck, der uns allen die totale Betroffenheit suggerieren soll und sprach die drei magischen Sätze, nein, sie schlug diese Thesen regelrecht an die Türen des europäischen Parlaments. Wir waren zu spät dran mit der Zulassung. Wir waren zu optimistisch bei der Massenproduktion. Und vielleicht waren wir uns zu sicher, dass das Bestellte auch tatsächlich pünktlich geliefert würde. Eine rhetorische Meisterleistung. Fast hätte man Mitleid mit ihr bekommen. Sie demonstrierte einmal mehr die große Kunst des Weglassens, kombiniert mit der geschickten Schuldzuweisung an andere. Als Köder ein winziges Eingeständnis, nämlich, dass die Zulassung zu spät kam. Aber dafür sind eigentlich auch andere zuständig und verantwortlich. Und Optimismus ist eine gute Eigenschaft, nur dumm eben, dass die Hersteller es nicht hinkriegen. Dass das Bestellte zu spät geliefert wird haben auch wieder die Hersteller verbockt. So, das sollte reichen. Augen nach vorne und die Vergangenheit ruhen lassen.

Ein Eingeständnis von Fehlern und Pannen sieht anders aus. Aber irgendetwas musste sie sagen, um die wachsende Kritik möglichst wieder einzudämmen. Die Wahrheit wäre gewesen: Wir haben viel zu lange um den Nebenkriegsschauplatz der Haftung verhandelt, damit wertvolle Zeit verloren, am Ende zwar genug bestellt, aber das bekommen wir erst, wenn alle anderen, die vor uns bestellt haben, beliefert wurden. Es mag sein, dass mittlerweile die notwendigen Impfdosen bestellt wurden. Nur werden sie für Tausende Menschen zu spät kommen. Andere waren schneller. Das liegt nicht etwa daran, dass sie schlauer waren oder gar getrickst und gemauschelt haben. Sondern daran, dass unsere europäischen Politiker schlichtweg keine Ahnung von Einkauf haben. Wie viel, wann, in welcher Qualität, zu welchem Preis? Das vernünftig zu verhandeln, wurde von der „Leyenspielertruppe“ vergessen.

 Axel Barta, Strohn

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