Luxemburg

Zum Artikel "Unverstanden im eigenen Land" und zum Kommentar "Vernunft ist ein dünnes Eis" (TV vom 12. Februar):

Der Beitrag von Bernd Wientjes über die Angst der Luxemburger, ihre kulturelle Identität und Muttersprache zu verlieren, lässt aufhorchen: Zeigt sie doch die Kehrseite einer prosperierenden Volkswirtschaft, die vor allem auf Wachstum durch Zuwanderung und ausländische Fachkräfte setzt. Besonders berührt hat mich dabei die Schilderung einer Mutter, die mit ihrem Kind in einer luxemburgischen Kinderklinik keinen Arzt und keine Krankenschwester fand, die Luxemburgisch oder Deutsch gesprochen hat. Sie sei nur in Französisch angesprochen worden und habe sich gefühlt wie in einem fremden Land, "wo mich keiner versteht". Französische Pendler, vor allem im Dienstleistungssektor tätig, stehen demnach im Ruf, eher geringe Bereitschaft zu zeigen, sich im Berufsalltag des Luxemburgischen zu befleißigen. Diese Haltung ist eine Auswirkung der Verdrängung der lothringischen Mundart seit 1945 durch den französischen Staat. Für die wachsende Kritik in Luxemburg an dem sich ausbreitenden Französisch hat Herr Wientjes eine verblüffende Erklärung parat. Er vermutet die Ursache in den Grundschulen Luxemburgs, wo trotz hohen Ausländeranteils von 44,5 Prozent und nur noch einem Drittel luxemburgischer Muttersprachler in den Klassen "noch immer Deutsch unterrichtet wird" (statt Französisch). Dies provoziert die Frage: Was ist in Luxemburg naheliegender, als das urverwandte Hochdeutsch, die natürliche und kulturhistorisch begründete Schriftsprache des Luxemburgischen, zu vermitteln? Bezogen auf die Verhältnisse in Deutschland sollte man nach dieser Logik in so mancher Kita türkisch und arabisch sprechen, um die Integration zu fördern (Achtung, Populismus!). Die viel gescholtene Entscheidung der Schweizer, Zuwanderung aus der EU künftig zu steuern, ist mit Redakteur Dieter Lintz sicher kein Zeichen ökonomischer Vernunft. Sie ist aber Ausdruck eines mündigen Volksempfindens, dass sich kulturelle Identität nicht an Wirtschaftsbilanzen festmachen lässt. Dr. Joachim Hupe, Gusterath

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