Leserbriefe Mehr als Parolen, Ideologie und leere Anschuldigungen

Zur Berichterstattung über das französische Kernkraftwerk Cattenom diese Meinungen von Richard Fuhs, Marc Weltmann und Arndt und Annette Müller:

Man hat sich ja schon daran gewöhnt, dass in regelmäßigen Abständen Pannenmeldungen aus Cattenom zu vernehmen sind. Aber die jüngste Meldung im TV vom 22. März schlägt dem Fass den Boden aus.

Nicht nur, dass (wieder einmal) die Feuerwehr alarmiert werden musste, weil in einem Meiler Brandgeruch festgestellt wurde. Nein, weit schlimmer. Da wurden einem Mitarbeiter einer Fremdfirma (!) sensible Unterlagen zur Sicherheit dreier Atomkraftwerke, darunter Cattenom, aus dem Auto gestohlen. Nicht auszudenken, wenn diese Unterlagen in die falschen Hände geraten.

Wenn die nächsten deutsch-französischen Konsultationen anstehen, auf die der französische Präsident so sehnsüchtig wartet, dann sollte das Thema AKW ganz oben auf der Agenda stehen. Statt die Bürger weiter mit dem Ausbau der Zuständigkeiten Brüssels zu überfordern und gar einen europäischen Finanzminister zu installieren, muss die zügige Energiewende auch in unserem Nachbarland angesprochen werden. An erster Stelle steht da die Forderung nach sofortiger Abschaltung des Pannenmeilers Cattenom. Die Sicherstellung der körperlichen Unversehrtheit der Bürger hat absoluten Vorrang vor finanzpolitischen Überlegungen. Fliegt Cattenom in die Luft, brauchen wir uns im Raum Saar-Lor-Lux keine Gedanken mehr um die Eurozone zu machen.

Richard Fuhs, Saarburg

„Ich glaube, dass es ein großer Fehler der Deutschen ist, wenn sie glauben, Europa werde erst funktionieren, wenn alle so wie Deutschland funktionieren“, hat Daniel Cohn-Bendit vor einigen Monaten gesagt. Wie wichtig ein gutes Verhältnis zu den europäischen Nachbarn ist, sollte überlegt sein, bevor man wieder, wie der TV am 14. März, Stimmung gegen das Nachbarland Frankreich macht und die seltsame Idee unterstützt, gegen Cattenom zu klagen.

Wird man irgendwann eine Zeile des Bedauerns lesen, wenn bei Ostwind die Feinstaubbelastung über Belgien und Frankreich wieder Rekorde bricht, weil deutsche Kohle- und Braunkohlekraftwerke auf Hochtouren laufen?

Da seriöse Argumente gegen Kernkraftwerke letztendlich rar sind, werden Ängste geschürt, was gleichermaßen einfach und antidemokratisch ist. Der mündige Bürger ist gelähmt, wenn Angst und Gefühle überhandgenommen haben.

Ob es sich dabei um Angst vor Atom, vor Ausländern oder Andersdenkenden handelt, spielt dabei keine Rolle. Die breite Mehrheit der EU-Länder hat sich für einen Anteil an Atomstrom im Energiemix entschieden, und diese Entscheidungen sind zu respektieren. Deutschland hat seine überraschende Wende nicht rational erklären können.

Waren die deutschen Reaktoren die gefährlichsten in Europa? Hat Deutschland jetzt einen Standortvorteil durch extrem schwankende Preise an der Leipziger Strombörse? Erhöht man die Reaktorsicherheit, indem man Investitionen bremst, weil die geplante Laufzeit plötzlich gekürzt wird? Haben die steigenden Energiepreise die Lage der Bürger in Deutschland mit mehr als 300 000 Stromsperren und sechs Millionen angedrohten Stromsperren im Jahr verbessert?

Eine Verbesserung der Risikolage ist selbstverständlich immer wünschenswert. Ein geeigneter Weg wäre gewesen, in der EU und in angrenzenden Partnerländern wie der Ukraine die veralteten Reaktoren zu stoppen und aus Strom eine gemeinsame europäische Ressource nach dem Beispiel der Montanunion zu machen.

Mehr Kompromissbereitschaft in Fragen, die nur auf europäischer Basis zu beantworten sind, würde die deutsche Position stärken, weil es im Gegenzug dann auch weniger Vorbehalte gegen Deutschland und Deutsche gäbe.

Die Ziele der Pariser Klimakonferenz werden nicht erreicht. Die Haltung von Präsident Trump ist bekannt.

Weniger diskutiert wird die Tatsache, dass Deutschland einen Pro-Kopf-Ausstoß von zehn Tonnen CO2 jährlich erzeugt, doppelt so viel wie Frankreich. Die Gründe dafür liegen auch in der Nutzung des Stroms: In den letzten Jahren haben 26 französische Städte den Bau von Straßenbahnen beschlossen, und die Hochgeschwindigkeitszüge TGV haben den inländischen Luftverkehr marginalisiert. Solche Beispiele der Elektromobilität, ohne Batterien als Zwischenspeicher, sind nur mit einer permanenten, preiswerten und dauerhaft zuverlässigen Stromproduktion denkbar, und erst bei einer klimaneutralen Stromproduktion macht Elektromobilität überhaupt Sinn.

In der Energiefrage ist der Bedarf an ernsten Diskussionen und an mutigen politischen Entscheidungen enorm. Wie wird man unserer immer stromabhängigeren Gesellschaft in Zukunft gerecht? Welche Rolle werden Strömungskraftwerke im Meer, Kernkraftwerke der dritten Generation, Kernfusion und natürlich auch dezentrale Lösungen wie Mini-Atommeiler, Wind und Sonne spielen? Diese Fragen verdienen besseres als Parolen, Ideologie und leere Anschuldigungen.

Marc Weltmann, Detzem

Wir machen uns Sorgen! Kaum gewählt, fliegt Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Frankreich zu ihrem lieben Freund Emmanuel Macron, lässt Probleme wegen Atomkraftwerken, Gesundheitsgefährdung ihrer Bürger aber anscheinend schnell hinter sich.

Welche Probleme?!

Es geht doch um die Macht um die Finanzen in Europa! Ist das so viel wichtiger als die Sicherheit der durch Atomkraftwerke wie Cattenom gefährdeten Bürger? Ignoriert die promovierte Physikerin Angela Merkel diese Gefahr? Ist ihr vielleicht irgendwie die Empathie für die Menschen im Heimatland abhanden gekommen?

Wir sollten nun endlich gemäß dem neuen Masterplan Macrons unsere Steuergelder in der EU umverteilen, damit wir in Deutschland endlich vor diesem „Finanzleben“ wie in Italien, Spanien, Portugal, Griechenland und anderswo geschützt sind.

Arndt und Annette Müller, Konz

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