Leserbrief Mehr Integration oder gar Inklusion sind längst überfällig

Förderschulen

Zu „Förderschulen haben kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt“ (TV vom 13. Oktober) und zum  Leserbrief „Die Eltern nicht entmündigen“ (TV, 6. November): 

Wer argumentiert hier eigentlich ideologisch? Dass Volker Werkhausen die Aussagen von GEW-Landeschef Hammer als ideologisch bezeichnet, ist aus meiner Sicht unhaltbar und tendenziös. Als ehemalige Förderschulleiterin mit zehn Jahren integrativer Unterrichtserfahrung stimme ich der GEW vollkommen zu, bezieht sie sich doch auf die von Deutschland ratifizierte Behindertenrechtskonvention (Es geht hier um Menschenrechte!).

Förderschulen müssen sich dadurch nicht angegriffen fühlen, machen sie doch das Beste aus den gegebenen Rahmenbedingungen. Doch die soziale Ausgrenzung in besonderen Schulen, die Betroffene und deren Eltern als sehr stigmatisierend empfinden, kann die beste Förderschule nicht auffangen.

Förderschulen sind schließlich das Ergebnis eines selektiven Schulsystems, das es in anderen europäischen Ländern so nicht mehr gibt. Die Förderschule hat ihre Berechtigung gehabt, doch die gesellschaftliche Entwicklung in Richtung von der Abkehr von Ausgrenzung hin zu mehr Integration oder gar Inklusion ist längst überfällig. Leider holt uns hier unsere unheilvolle Geschichte mit ihrem Selektionsgedanken und der Vorstellung, dass man Menschen schon sehr früh in bestimmte Schubladen stecken könnte, noch immer ein.

Rheinland-Pfalz fährt mit Förder- und integrativen Schwerpunktschulen zweigleisig. Zwei parallele Systeme können jedoch nicht angemessen ausgestattet werden.  Für geistig behinderte Schülerinnen und Schüler haben beide Systeme Nachteile.

An Schwerpunktschulen gibt es für sie zu wenig Personal, an Förderschulen zwar mehr, doch zwei Drittel sind oft sehr engagierte pädagogische Fachkräfte, die jedoch keine Unterrichtsausbildung und nur zum Teil eine sonderpädagogische Ausbildung haben. Trotzdem müssen sie den größten Teil des Unterrichts durchführen.

Welche Wahl haben Eltern also tatsächlich? Berufliche Eingliederung gibt es überwiegend in Richtung Werkstatt für Menschen mit Behinderung, die längst nicht alle Berufszweige abbilden kann und – trotz aller anerkennenswerten Bemühungen – systemisch die Ausgrenzung fortsetzt.

Ich wünsche mir unbedingt mehr an schulischer Integration. Unser nach wie vor selektives Schulsystem ist dabei für alle Schülerinnen und Schüler ein großes Hindernis.

Dass gemeinsamer wohnortnaher Unterricht möglich und sinnvoll ist, steht für mich außer Frage. Ich habe dies persönlich erfahren und für alle Beteiligten als sehr befriedigend und bereichernd erlebt.

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