Mit dem Traktor auf die Spielwiese

Der Bauernpräsident wird 60 Jahre alt, schreibt der TV in einem großen Artikel, mit einer darin enthaltenen beachtlichen Kurzbiografie. Was im Bericht dann vielfach ohne weiteres Nachdenken eher am Rande mitgelesen wird, gibt doch Anlass zu einigen Anmerkungen.

Freude haben an einem schönen Beruf bei angemessener Entlohnung, kann man den Idealfall nennen. Von diesem Idealfall ist man in der breiten Landwirtschaft nun aber trotz oder dank der Verbandsarbeit meilenweit entfernt. Kühe melken, Äcker pflügen dazu ein ausufernder Papierkrieg, dessen Sinnhaftigkeit mehr als anzuzweifeln ist, verderben bei zurzeit miserabler Entlohnung beim Durchschnittslandwirt ganz erheblich die vom Präsidenten Blum gefühlte Entspannung auf dem Acker. Für Blum mag die praktische Landwirtschaft Ausgleich und Entspannung sein, was ihm grundsätzlich auch gegönnt ist. Seine Verbandsmitglieder, die bei genau diesen Tätigkeiten kaum noch über die Runden kommen, haben für ihn gesorgt, bevor er mit dem Traktor auf seine Spielwiese, die Landwirtschaft, fährt. Die harte Arbeit muss er nicht im Spielerischen, im Anspruchslosen ansiedeln. Hat sich Blum in seiner langen Funktionärstätigkeit doch weit von der normalen Landwirtschaft entfernt und differenziert gar in vertikaler Hinsicht zwischen beiden? Um dies zu untermauern, lohnt ein Blick ins TV-Archiv, Dauner Zeitung vom 9. September 2002, wo es Blum einmal auf den Punkt brachte. Bei der Inthronisation eines Funktionärs auf Kreisebene stellte er fest, dass man zu mehr geboren sein könne, als Äcker zu bestellen und Kühe zu melken. Zeichnet Blum, wenn auch unbewusst, an einem Bild, an "seinem" Bild von Winzern und Landwirten und deren Intellekt? Dem Trugbild einer Berufsgruppe, funktionärsbedürftig, abhängig vom hierarchischen Verband. Der Berufsstand nimmt es hin, kommentarlos und offenbar unbemerkt. Nun doch versöhnlichere Töne: Die Gratulationen, den großen Empfang zum Ehrentag hat er hoffentlich genossen. Und keine Frage, auch mein Glückwunsch zum 60. Geburtstag, das muss sein. Ein schönes Alter, um sich der im Artikel von Inge Kreutz erwähnten Lektüre der deutschen Geschichte zu widmen. Klaus Harings, Lissendorf

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