Leserbriefe Mit Kalkül, ohne Verstand

Zum Artikel „Deutschland ebnet den Weg für Glyophosat“ (TV vom 28. November) äußern sich Manfred Weishaar, Helmut Leim und Peter Feilen:

Ein Reizthema, das in Naturschutzkreisen eine ganz besondere Relevanz besitzt. Eine der Ursachen liegt in der möglichen krebserregenden Auswirkung des Pflanzenvernichtungsmittels auf die menschliche Gesundheit. Die andere Wirkung, die sich erst langsam im Bewusstsein der Bevölkerung Bahn bricht, liegt in der übergroßen Bedeutung des Mittels auf das Insektensterben, denn es vernichtet alle deren notwendige Futterpflanzen im Ackerbau.

Was bewegte nun den Bundeslandwirtschaftsminister, gegen die Vereinbarungen der geschäftsführenden Bundesregierung zu verstoßen?

Hier lohnt sich ein Rückblick in den Ablauf der Sondierungsgespräche zur Etablierung einer möglichen Jamaika-Koalition. Gerade die dort zu verzeichnenden Störfeuer der CSU, die eigentlich nur dazu dienen konnten, eine Einigung in der Gesprächsrunde zu hintertreiben und die Partei der Grünen zum Abbruch der Gespräche zu bewegen, sind hier mehr als eindeutig. Eine Änderung der Haltung war erst dann zu verzeichnen, als dem Regierungschef aus Baden-Württemberg der Kragen platzte und er dies offen aussprach. Danach änderte die besagte Partei ihre Taktik und gab sich im Anschluss lammfromm. Aktuell scheint auch hier die vorliegende Entscheidung gegen die sich abzeichnende vorsichtige Annäherung der beiden großen Parteien gerichtet zu sein.

Weshalb gerade die politischen Akteure, die sich ganz sicher nicht durch besondere Brillanz in ihrer Regierungsarbeit und sonstigen politischen Beiträgen auszeichneten, diese Rolle spielen, bleibt schleierhaft. Zur Gesichtswahrung der amtierenden Bundesregierung verbliebe jedoch immer noch die Möglichkeit, ein nationales Verbot zur Abwendung politischer und biologischer Schäden auszusprechen, denn eine Zuwendung zu einer naturverträglicheren Landwirtschaft ist doch das Gebot der Stunde.

Manfred Weishaar, Gusterath

Es ist nicht zu glauben, aber offensichtlich wahr. Ein Minister entscheidet deutlich zum Nachteil der meisten Deutschen. Mittel- und langfristig ist auch keinerlei Vorteil für die Landwirtschaft zu erkennen. Dass die Zustimmung in Brüssel einen Nachteil für diejenigen bedeutet, für deren Wohl auch er einen Amtseid geleistet hat, ist ein weiteres und sehr deutliches Beispiel dafür, wie ernst die gewählten Vertreter ihre Aufgabe nehmen.

Man kann nur hoffen, dass es zu einer Regierungsbildung doch noch einer Neuwahl bedarf, dann erübrigt sich bestimmt die Vertrauensfrage der Kanzlerin, und viele CDU/CSU-Abgeordnete können sich neue Aufgaben suchen. Schade für die aufrichtigen Frauen und Männer in der Bundesregierung!

Helmut Leim, Monzelfeld

Insektensterben, insbesondere Bienensterben, Gülle und Nitratbelastung im Trinkwasser, Antibiotikaverbrauch/Resistenzen in der industriellen Tierhaltung, Monokulturen, Verlust der Biodiversität und jetzt auch als Mitauslöser die weitere Glyphosatzulassung sind Schlagworte einer fehlgesteuerten Landwirtschaftspolitik, nicht nur in Deutschland, sondern auf europäischer Ebene. Die Lobbyisten der Agrargroßindustrie und der Chemieriesen haben ganze Arbeit geleistet.

Auch wenn die Analogie zwischen den Baumwollbauern in Indien und der weiteren Glyphosatzulassung in Europa erheblich hinkt, so zeigt sich doch ein Muster der „Arbeitsweise“ in der Agrarchemie.

Minister Schmidt von der CSU hat nach seiner Darstellung allein die Entscheidung getroffen, bei der Glyphosatzulassung mit Ja zu stimmen. Wer an einen Alleingang des Ministers glaubt, der macht sich die Hose mit der Kneifzange zu. Hat nicht Angela Merkel auf dem Bauerntag im Juni den Teilnehmern versprochen, sich dafür einzusetzen, dass sie „dieses Zeug“ weiter benutzen dürfen?!

Die Begründung von Herrn Schmidt: Die EU-Kommission hätte wohl bei einem deutschen Nein oder einer Enthaltung zur Verordnung für die Verlängerung gestimmt, daher war das Ja gut und notwendig.

Ich glaube, dass bei einer Enthaltung Deutschlands andere Länder dies nicht ignoriert hätten und anders abgestimmt worden wäre. Zudem wurde die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung bewusst ignoriert.

Wie auch immer, hier wurde ohne Verstand, aber mit Kalkül eine Entscheidung getroffen.

Auch wenn Glyphosat nicht krebs­erregend sein sollte, so reicht allein die Tatsache aus, dass es für ein massives Artensterben verantwortlich ist und die Böden nachhaltig schädigt, um dieses Mittel zu verbieten.

Es ist und bleibt Gift.

Vergessen sollte man aber nicht, dass es noch eine Vielzahl anderer Herbizide, Fungizide und Insektizide gibt, welche oft noch viel schädigender sind als Glyphosat.

Ein Gutes hat Glyphosat doch, der Fokus liegt wieder auf der Zukunft unserer Landwirtschaft.

Peter Feilen, Neumagen-Dhron

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