Gesundheit Motivieren statt deprimieren

Zur Berichterstattung über die Corona-Krise schreiben Helmut Neidinger, Christiane Thomas, Agnes Tillmann-Steinbuß, Thomas Zuche, Ingrid Wecker und Michael Fuchs:

Um es vorwegzunehmen: Ich plädiere für ein differenzierteres, weniger deprimierendes und Leid erzeugendes Vorgehen im gemeinsamen Kampf gegen das Virus. Nach dem Motto: „Erfolg können wir nur gemeinsam haben“ sollten wir nach Wegen suchen, die zur Mitarbeit motivierend wirken statt zu deprimieren.

Aus langjähriger Controller-Erfahrung in Großbetrieben habe ich gelernt, dass man die Menschen mit einem Bonus-System zur Mitarbeit am gemeinsamen Erfolg besser motivieren kann als mit einem Diktat starrer, undifferenzierter und unflexibler Forderungen und Vorgaben.

Erfolg kann man doch nur gemeinsam haben. Dazu muss ich von der Politik her zunächst einmal die Menschen für mich und meine besonderen Anliegen und Ziele gewinnen. Mit dem jetzigen Vorgehen der Politik kann das nicht funktionieren, wenn ich flächendeckend von oben „par Ordre du Mufti“ mit der großen Gießkanne sowohl die Wirtschaft als auch das gesellschaftliche Leben ohne jegliche Mitsprache der Betroffenen lahmlege. So kann ich keine Motivation zur konsequenten Mitarbeit erzeugen oder erwarten. Im Gegenteil löst dieses politische Diktat eines undifferenzierten Shutdowns auf breiter Ebene der Bevölkerung eine stark deprimierende Stimmung aus.

Wie kann man die teils von Existenzangst bedrohten Menschen zu einem gemeinsamen Kampf gegen das Virus motivieren? Zwingen mit fraglichem Erfolg ja, aber motivieren sicherlich nicht!

Wäre es nicht besser, wenigstens den Geschäftsbereichen eine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung zu geben, die eine Einhaltung der Regeln von Schutzmaßnahmen nachweisen können. Das müsste natürlich stichprobenweise von den kommunalen Behörden zum Schutz der Gemeinschaft kontrolliert werden.

Helmut Neidinger, Trier

Keine Frage – niemandem ist es zu wünschen, an Covid-19 zu erkranken oder durch Covid-19-Erkrankte in ethisch nicht zu vereinbarende Situationen zu geraten (zum Beispiel die Entscheidung treffen zu müssen, wer ist es wert, an ein Beatmungsgerät angeschlossen zu werden und wer nicht).

Es ist eine Herausforderung für alle Menschen dieser Erde. Dennoch stellt sich mir unter anderem die Frage, wie belastbar, besser gefragt, wie wenig belastbar sind wir in unserer Luxusgesellschaft? Ein Großteil unserer Gesellschaft litt noch nie wirklich Not! Menschen, die die Kriegszeiten miterlebt haben und auch einige wenige andere natürlich ausgenommen.

Zurzeit wird alles getan, die Menschen bei Laune zu halten. Sei es über tolle Privatkonzerte im Internet, Unterhaltungsprogramm sämtlicher Medien et cetera. Es wird eine Unmenge an Möglichkeiten bereitgehalten, diese Zeit so gut es geht zu überstehen. Aber sollten wir uns nicht auch einmal die Frage stellen, was Not überhaupt ist? Die allermeisten haben genug zu essen (wir haben so viel, das wir gute Lebensmittel tonnenweise wegwerfen), unsere Wohnungen und Häuser sind beheizbar, und wir haben sauberes, trinkbares Wasser! Den Blick auf diese Dinge zu richten, wäre notwendig und sinnvoll.

Die Regierungen auf Landes- und Bundesebene tun alles, um uns zufriedenzustellen. Bei all dem Aktionismus vermisse ich jedoch eins besonders. Bis heute habe ich noch nicht einmal gehört (ausgenommen von Markus Söder, der in puncto medizinische Hilfsmittel die Produktion in Deutschland fördern möchte), was sich nach Corona – außer natürlich die finanzielle und wirtschaftliche Lage – in unserem Land ändern soll/wird.

Millionen und Milliarden Euro werden in Unternehmen gesteckt, die durch ihr Angebot weiterhin für Umweltverschmutzung und damit für die Förderung des Klimawandels mitverantwortlich sind. Sei es die Autoindustrie oder Reise- und Flugunternehmen. Wäre es nicht zeitgemäß, Geld in unsere Infrastruktur, erneuerbare Energien, Förderung der ökologischen Landwirtschaft beziehungsweise Unterstützung bei der Umstellung von konventionell auf ökologisch, Entprivatisierung der Krankenhäuser und Verbesserung der Infrastruktur des Gesundheits- und Bildungswesen zu investieren? Langfristig profitieren wir alle davon!

So lange aber auf die Karte „Konsum“ gesetzt wird, sehe ich für unsere Zukunft dunkelschwarz. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, aber es fällt mir sehr schwer.

Christiane Thomas, Reil

In den Berichten über die Opfer heißt es immer wieder: Er/Sie erlag den Folgen der Virusinfektion; dabei wird auch erwähnt, dass es oft erhebliche Vorerkrankungen gab. Die Formulierung „Er/Sie erlag den Folgen der Virusinfektion“ ist wahrscheinlich überzogen. Ich erlebe eine Art Medienhype, der Angst erzeugt. Bei vielen alten Menschen und auch jungen Menschen kann ein Corona-Infekt Vorbelastungen verstärken – daran besteht kein Zweifel. Auch den rigorosen Anweisungen ist zu folgen. Das möchte ich hier nicht infrage stellen. Aber ich bitte Sie, sorgsam darauf zu achten, dass exakt und vollständig berichtet wird.

Um die wichtigste Todesursache festzustellen, ist eine Obduktion notwendig. Darauf wird in der Regel verzichtet (wenn es keinen Ansatzpunkt für Fremdverschulden gibt). Die Todeszahlen, die die Medien uns jetzt täglich zeigen (auch aus anderen Ländern), sind in der Regel Todesfälle, in denen die Personen auch mit Corona infiziert waren. Es sind Sterbefälle mit Corona – nicht notwendig durch Corona (oder vielleicht etwas schneller wegen Corona).

Wie gefährlich Corona tatsächlich ist – das ist nicht so einfach, wissenschaftlich korrekt und verständlich den aktuellen Stand zu erklären. Herzlich bitte ich Sie hier, sich darum verstärkt zu bemühen.

Agnes Tillmann-Steinbuß, Speicher

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, der Portugiese António Guterres, richtete am 23. März einen dramatischen Appell an die Weltbevölkerung und die Regierungen rund um den Globus. Er sagte: „Die Raserei des Virus offenbart die Narretei des Krieges. Beenden Sie die Krankheit des Krieges und kämpfen Sie gegen die Epidemie, die unsere Welt verwüstet. Ich rufe zu einem sofortigen weltweiten Waffenstillstand in allen Ecken der Erde auf. Es ist Zeit, die bewaffneten Konflikte einzustellen und zusammen den wahren Kampf um unser Leben zu führen … Das ist, was unsere Menschheitsfamilie braucht, jetzt mehr denn je.“

Na gut, die Vereinten Nationen. Sind das nicht Träumereien?

Viel realer sind die 1500 Milliarden (!) Euro, die weltweit in die Produktion und den Kauf von Waffen investiert werden. Diese enorme Summe macht mich fassungslos. Die Weltgesellschaft braucht dieses Geld für ein globales, solidarisches Gesundheitssystem, das in der Lage ist, Krankheiten wie Covid-19, Ebola, Tuberkulose oder Krebs wirkungsvoll zu bekämpfen. Ein kleiner Teil davon würde den Hunger in der Welt besiegen. Es ist eine unfassbare Ressourcenverschwendung.

Die Umstellung auf zivile Produkte wäre lebensrettend. Wir sind nicht dazu verurteilt, die immer neuen „Nachrüstungen“ abzunicken. Wir müssen nicht den Stoltenbergs, Trumps und Kramp-Karrenbauers folgen, die unser Heil im Drehen der Rüstungsspirale und in der Alimentierung der Waffenindustrie sehen. Wir können Alternativen denken und sie verfolgen.

Der erste Schritt ist, die Sehnsucht nach einer friedlichen Welt wachzuhalten! Der zweite wäre, sich dafür praktisch einzusetzen. In Spangdahlem, Büchel, Ramstein und an all den anderen Todeszonen dieser Welt.

Wir werden nach der Corona-Krise ein anderes Land sein. Hoffentlich mit einem geschärften Bewusstsein für die Werte, die wirklich zählen.

Thomas Zuche, Arbeitsgemeinschaft Frieden e.V., Trier

Zur allgemeinen Corona-Hysterie und dem Corona-Aktionismus der Politiker mal ein paar Zahlen zur Verinnerlichung: Laut Welthungerhilfe leiden 800 Millionen Menschen auf der Welt an Hunger und zwei Milliarden an Mangelernährung, alle zehn Sekunden stirbt ein Kind an den Folgen von Hunger. Laut den Vereinten Nationen sterben jedes Jahr weltweit 500 000 Menschen an Malaria. 70 Millionen Menschen sind zurzeit weltweit auf der Flucht vor aberwitzigen Kriegen, Hunger, Vertreibung, Dürren. Im völlig irrsinnigen Jemen-Konflikt starben bisher eine Viertelmillion Menschen, eine Million hat darüber hinaus schwere Verletzungen erlitten. Noch viel schlimmer sieht es im Syrien-Krieg aus … Circa vier Milliarden Menschen auf der Welt sind aktuell bedroht, an Malaria, Lepra, Ebola, Cholera und anderen netten Dingen zu erkranken.

Man könnte mit vielen anderen Beispielen weitermachen. Aber das alles ist weit weg. Interessiert es jemanden hier wirklich? Wohl kaum.

Betreiben Politiker auch nur im Entferntesten den gleichen Aufwand zur Verhinderung dieser verhinderbaren Dinge wie jetzt bei Corona-Pandemie? Genauso Fehlanzeige.

Etwas mindestens so Verstörendes spielt sich zur Zeit auf einer anderen Ebene ab: Plötzlich gibt es in diesem Land eine nie dagewesene Lobhudelei und eine „Helden-Verehrung“, die an Verlogenheit nicht mehr zu überbieten ist: LKW-Fahrer werden selbst von Angela Merkel zu Helden des Alltags stilisiert, für Pfleger im Gesundheitswesen werden „Dankes-Konzerte“ veranstaltet, ja man soll sogar auf dem Balkon durch Klatschen den Menschen Danke sagen, die im Gesundheitswesen für uns arbeiten, die CDU hat ein Einkaufshelden-Projekt proklamiert (warum ist man ein Held, wenn man für Menschen aus der Nachbarschaft, die krank oder nicht selbst dazu in der Lage sind, Einkäufe erledigt?), Verkäuferinnen und Verkäufer und Altenpfleger? Alle plötzlich Helden …

Hat das bisher jemanden interessiert? Gab es Demonstrationen aus der breiten Bevölkerung zur Unterstützung dieser so wichtigen Berufsgruppen? Hahaha …

Es ist befremdlich, dass den Menschen offenbar erst jetzt auffällt, was Pfleger, Ärzte, Verkäuferinnen und Verkäufer, Paketboten und LKW-Fahrer und andere ständig tun und leisten, und zwar vor Corona, mit Corona und auch wahrscheinlich nach Corona noch tun werden: Sie machen ihre Arbeit, Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat und Jahr für Jahr. Und das teils für Dreckslöhne, von denen man kaum leben kann und teils unter Bedingungen, die menschenunwürdig sind.

Ingrid Wecker, Konz

Nachher ist man immer schlauer – oder klüger? Nein, das stimmt nicht. Die schlauen Leute gibt es oft vorher – bloß keiner nimmt sie ernst. In den 70er Jahren haben die Wissenschaftler des Club of Rome die „Die Grenzen des Wachstums“ beschrieben und die Überforderung der Erde vorhergesagt, die Wirtschaftsweisen, Politiker und sonstige schlaue Leute setzten aber weiterhin auf „Wachstum“. Dies wurde an den Börsen und überall als Grundbedingung für Wohlstand angesehen. (Dem Wachstum zuliebe müssen zum Beispiel die Regenwälder zugunsten von Rapsfeldern weichen!)

Welch ein Irrtum! Greta Thunberg und die Jugend der Welt fordern: Hört auf die Wissenschaftler! Und das fast ein halbes Jahrhundert nach den genannten Warnungen! Viele ewig Gestrige (besser: Vorgestrige) machen sich lustig darüber. Jetzt bringt uns Corona dazu, wenigstens auf ein paar Wissenschaftler zu hören: die Virologen. Aber: Wenn das vorbei ist, wird Wachstum wieder auf der Tagesordnung stehen (ich wette!). Der Zusammenhang? Aus Platzmangel auf der Erde geraten Zivilisation und Wilderness immer näher aneinander, Krankheitskeime werden leichter übertragen von Wildtieren auf Haustiere, auf Menschen. Die Reaktionen der Menschen, die ja auch immer näher aneinander geraten, werden angesichts der reinen Menschenmassen immer schneller überfordert.

Die Energieprobleme bleiben so virulent wie vor 50 Jahren. Energieverbrauch und -bereitstellung, das ist ein Kreislauf, in dem die Energiedichte sich verringert (die Menge der Energie ist konstant – die Qualität nicht). Der einzige Energieimport aus dem Weltraum, der dieses thermodynamische Grundgesetz durchbricht, ist die Sonnenenergie (Strahlung, Wetter, Gezeiten). Wann werden diese einfachen Grundsätze politisch (und ethisch) umgesetzt? Wann wird das Wachstum der Menschheit aus eigenem Willen begrenzt, bevor die Natur es erzwingt?

Michael Fuchs, Trier

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