Musik

Zum Bericht "Westeifelchor begeistert Besucher in Prümer Basilika" (TV vom 7. Oktober):

Wenn man den Artikel über dieses Konzert mit dem nebenstehenden über das Klavierkonzert von Piotr Anderszewski vergleicht, muss man sich über die unterschiedliche Berichterstattung wundern. Scheinbar haben beide Konzerte ihre Besucher "begeistert". Und wer begeistert ist, greift gerne zu wertenden Beschreibungen zurück, was sich im Text in Adjektiven wiederfindet. So bekommt man das Gefühl, die Autorin des Textes von dem Konzert in der Luxemburger Philharmonie war Teilnehmerin an diesem Abend und hat etwas mitbekommen von diesem "schwindelfreien, wahnwitzigen, atemberaubenden, todesmutigen und übersinnlichen" Spektakel. Insgesamt habe ich 31 Adjektive gezählt - die in adverbialem Gebrauch noch gar nicht mitgezählt. In dem Konzert des Kammerchores Westeifel mit dem Titel "(T)Raumklänge" finden sich dagegen ganze vier Adjektive, die für mein Empfinden stark zurückstehen hinter denen im nebenstehenden Artikel: verdienter (Schlussapplaus), selten zu hörende (Chormusik), achtstimmige (Chorkomposition) und große (Rede). Der ganze Bericht über dieses - für mein Empfinden ebenfalls - "übersinnliche" Spektakel ist eine nüchterne Zusammenfassung dessen, was man dem Programm entnehmen konnte, und mutet an wie das Nachholen einer lästigen Pflicht. Der Bericht erschien ja auch zehn Tage nach der Veranstaltung, beim Klavierkonzert waren es nur drei. Möglicherweise liegt es daran, dass der Weg nach Luxemburg leichter zu finden ist als nach Prüm, nicht nur für die Zuhörer (1200 gegenüber 400), sondern auch für die Kulturbeauftragten des TV. Ich kann da nur empfehlen, sich den Termin für das nächste Mal schon jetzt vorzumerken, um dann etwas mitbekommen zu können von den wahnwitzigen Kompositionen, die von den Bässen tiefste Tiefen und von den Sopranen höchste Höhen abfordern, von der atemberaubenden Atmosphäre, in der sich der Nachhall der Klänge von vorne durch die Basilika nach hinten durcharbeitet. Eine Stecknadel konnte man fallen hören, als auf einem der Höhepunkte des Abends Willy Gilbert einen Teil der Rede "I have a dream" in Deutsch und in Englisch vortrug, und man unwillkürlich unter dem Eindruck stand, Martin Luther King selbst rede gerade zu den Zuhörern. Clemens Ruhl, Prüm

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