Netzwelt

Zum Artikel "Die dunkle Seite des Internets" (TV vom 6. Januar), zum Schutz der Privatsphäre und zum Geschäft mit Daten:

Es wird ein recht düsteres Bild der "dunklen" Seite des Internets, dem sogenannten Darknet und dessen Nutzern, gezeichnet. Warum ist dieses "Darknet" entstanden und ist es wirklich so düster? Der Begriff beschreibt ein verschlüsseltes Netzwerk zweier oder mehrerer Systeme, das für die Öffentlichkeit verborgen bleibt, da jeder Teilnehmer entsprechende Zugangsdaten wie IP-Adressen und TCP-Ports kennen und den Verbindungsaufbau des Gegenübers explizit akzeptieren muss. Es geht allein darum, einen sicheren und anonymen Datenaustausch unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu gewährleisten. Warum? Weil es die Öffentlichkeit nichts angeht, was ausgetauscht wird. In Zeiten, in denen Geheimdienste tonnenweise Internetdaten speichern, analysieren, in unserem Privat- und Berufsleben herumschnüffeln und die gewonnenen Erkenntnisse missbrauchen, gibt es viele Menschen, die ein Interesse an einem solchen anonymen und sicheren Datenaustausch haben. Und ganz gewiss sind nicht alle von ihnen Kriminelle, Kinderpornohändler, Waffenschieber oder Auftragskiller. Entwicklerteams globaler Unternehmen können so beispielsweise sicher und anonym ihre Arbeit austauschen, ohne dass Regierungen oder Mitbewerber Wind davon bekommen, wer, was, wo und wann auf den Markt bringen möchte. Des Weiteren sollten wir uns fragen, ob es als "gut" zu erachten ist, dass bei der Nutzung des Internets (Klarnetz) via Explorer, Chrome, Firefox und so weiter unsere digitalen Brotkrümel (Cookies) protokolliert, gespeichert und von Firmen wie Google oder Facebook systematisch und mit großem kommerziellen Erfolg ausgewertet und vermarktet werden? Ist es "gut", dass wir uns von Privatsphäre und Anonymität verabschieden müssen, sobald wir das Internet über gängige Browser nutzen? Der Tor-Browser bietet durch die Nutzung verschlüsselter Verbindungen im Darknet (encrypted peer to peer) zumindest eine Option, die Erstellung digitaler Bewegungs- und Kundenprofile zu erschweren oder zu verhindern. Tor ermöglicht unzensierten Zugang zum Internet und Austausch von Daten mit der Kontrolle über Privatsphäre und Anonymität. Wie alle technischen Möglichkeiten werden auch diese von Kriminellen missbraucht, das bedeutet jedoch nicht, dass alle, die sie nutzen, Kriminelle sind. Es ist an der Zeit, die eifrigen Datensammler und -händler im Internet, die uns alle mehr und mehr zu gläsernen Kunden machen, in die Schranken zu weisen und der Privatsphäre im Internet gerecht zu werden. Somit könnte das Ausweichen auf das Darknet, für die sogenannten "normalen" Nutzer, überflüssig werden. Möge die Macht mit uns sein ... Christian Stroh, Mülheim

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