Nicht an der Wurzel gepackt

Zum Artikel "Ein Fernseh-Glücksfall" (TV vom 9. November):

Dieter Lintz ist zuzustimmen: Es ist eine positive Entwicklung, dass der behinderte Mensch heute selbstverständlich und eigenständig vom Gesetz fordern kann, sozial in keiner Weise benachteiligt und voll integriert zu sein. Doch ist Eugenik damit keineswegs an der Wurzel gepackt. Lässt eine defekt-orientierte Pränatalmedizin mit immer größerer diagnostischer Breite nicht die Animositäten und Heidenängste gegen "Behinderung" fortschreiben, indem man das frühere "lebensunwert" heute durch ein "unzumutbar" ersetzt? Den Arzt zum "Helfer für die Frauen" stilisiert, wenn er den behinderten Menschen im Mutterleib noch bis kurz vor dessen Geburtstermin im elterlichen Auftrag legal (!) tötet? Handelt er nicht im Sinn der Eltern, wird er unter Umständen haftpflichtig für einen solchen "Schadensfall" gemacht, für die "falsche Geburt" ("wrongful birth") - welch ein Zynismus im Bezug auf ein Menschenleben! Nein, die verhängnisvolle Eugenik ist nicht ausgerottet, sie ist nur "privatisiert".Dr. med. Maria Overdick-Gulden, Trier contergan-film

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