Nicht in alte Großmachtmuster zurückfallen

Zu Luxemburgs Rolle in Europa:

Die Luxemburger sind gute Europäer. Sie sind die geborenen Mittler und Vermittler in der großen europäischen Familie, vor allem zwischen Deutschland und Frankreich. Europa ist luxemburgische Staatsraison. Luxemburg hat immer an der Spitze der Bewegung für ein vereintes Europa gestanden - und immer an der Seite Deutschlands.

Das hat sich stets ausgedrückt in der freundschaftlichen Verbundenheit der jeweiligen Regierungschefs. Helmut Kohl konnte gut mit Jacques Santer und Jean-Claude Juncker. Jean-Claude Juncker konnte aber auch gut mit Gerhard Schröder. Helmut Kohl hatte gleichzeitig ein sehr enges persönliches Verhältnis zu Francois Mitterand. Diese persönlichen Beziehungen der Regierungsspitzen waren keine platte Medieninszenierung. Sie mussten erarbeitet werden - durch Vertrauen und Verlässlichkeit. Und Angela Merkel?

Es war und ist Geschäftsgrundlage der Europäischen Union, dass kleine und große Länder als gleichberechtigte und gleichermaßen geachtete Partner an einem Tisch sitzen. Und nur auf dieser Geschäftsgrundlage kann ein Europa der dauerhaften Friedensordnung und der Selbstbehauptung im weltweiten Wettbewerb entstehen und auch Bestand haben.

Eine enge Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich als "noyau dur" des europäischen Einigungsprozesses ist unabdingbar. Ein deutsch-französisches Dominanz-Duo ist der falsche Weg.

In dieses neue Bild der europäischen Lage fügen sich betrübliche Ereignisse aus den letzten beiden Jahren, die in Luxemburg aufmerksam registriert wurden. Da war einmal der arrogante Vergleich von Peer Steinbrück mit Ouagadougou. Ich hätte mir gewünscht, dass die Bundeskanzlerin ihren damaligen Finanzminister hierfür öffentlich in die Schranken gewiesen hätte. Sie hat es aber nicht getan. Jean-Claude Juncker wäre ein herausragender erster europäischer Präsident geworden. Juncker hat nicht nur eine fundierte Meinung, er äußert sie auch - manchmal zum nachhaltigen Missfallen des französischen Präsidenten. Frau Merkel war die einzige, die Sarkozy hätte umstimmen können. Für Freunde muss man kämpfen, auch in der Politik. Sie hat es nicht getan. Stattdessen hat man sich auf eine Art blassen Sekretär als kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt.

Wer glaubt, man könne Europa nur nach dem Willen der Großen bauen und die Kleinen übergehen, der fällt sehr schnell in alte Großmachtmuster zurück und begeht einen schweren historischen Fehler.

Von Helmut Kohl ist eine wunderschöne Anekdote von einem europäischen Gipfel überliefert: Einige Mitgliedsstaaten wollten gegen luxemburgische Interessen eine Abstimmung im Rat herbeiführen. Helmut Kohl hat das ganze Unternehmen mit einem Satz beendet: "Gegen Luxemburg stimme ich nicht."

Franz Peter Basten, Staatssekretär a. D., Honorarkonsul des Großherzogtums Luxemburg

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