Politik Nichts aus der Geschichte gelernt

Zur Berichterstattung über die Iran-Irak-USA-Krise schreiben Raimund Thies und Peter Kühn:

Wenn man die Reaktionen auf die aktuellen Geschehnisse als mündiger Bürger gemäß dem Motto des ehemaligen Wahlkampfmanagers von Willy Brandt (Albrecht Müller: Glaube wenig, hinterfrage alles, denke selbst) analysiert, ist man wieder einmal fassungslos.

Da lassen die USA im widerrechtlich dauerbesetzten Irak einen hohen Würdenträger des Nachbarstaates Iran kaltblütig killen und nehmen sogar in Kauf, dass ein hoher Militär des besetzten Landes mit ermordet wird. Was ist die Reaktion unserer politischen Elite? Sie zeigt – wie immer unisono mit den Medien – ein erschreckendes Verständnis für diesen barbarischen Akt, ähnlich wie bei den zig vorherigen völkerrechtswidrigen Drohnenmorden, bei denen immer wieder Unbeteiligte sterben. Laut Pentagon-Narrativ werden dabei ja nur „Terroristen eliminiert“, die die USA beziehungsweise den gesamten Westen bedrohen. Die ganze aufgebauschte Terrorlegende der letzten Jahrzehnte ist freilich sehr unglaubwürdig und dient der sogenannten westlichen Wertegemeinschaft als fadenscheinige Legitimation ihrer Angriffskriege. In großem Vertrauen auf ihre Propaganda erlauben sich die USA, entweder ein Land wie Irak nach erfundenen Kriegsgründen direkt anzugreifen oder wie in Syrien und Libyen „Bürgerkriege“ anzufachen und die Stellvertreter vor Ort massiv mit Waffen auszurüsten. Wenn sich  die legitimen Regierungen wehren, kommt prompt der Vorwurf des Genozids am eigenen Volk, und die „Wertegemeinschaft“ sieht sich berechtigt einzugreifen.

In Syrien wurden seit 2011 zunehmend brutalere Gruppierungen unterstützt. Das Endergebnis IS war dann der perfekte Vorwand, auch Syrien teilweise zu okkupieren, im besonderen zur „Sicherung“ ölreicher Zonen. Von Anfang an haben deutsche Politiker wie Angela Merkel das Vorgehen der USA in sklavischer Treue unterstützt und später auch die Bundeswehr in das Desaster involviert. Da man ihnen im Gegensatz zum Normalbürger die Kenntnis der wahren Hintergründe (geostrategische Machtinteressen und Verfügbarkeit von Ressourcen zu eigenen Konditionen) unterstellen darf, bin ich geneigt, solchen Politikern das Fehlen jeglicher Moral und eine immense Gewissenlosigkeit vorzuwerfen.

Wenn die Bundesrepublik weiterhin Bündnistreue mit diesem skrupellosen Imperium betreibt, womöglich auch in einem Krieg gegen Iran, steht für mich fest: Wir haben leider nichts aus unserer schlimmen Geschichte gelernt. Da diese Kriegstreiberei völlig unabhängig von der jeweiligen Regierungskonstellation betrieben wird, stellt sie mittlerweile das größte Demokratiedefizit in unserer Republik dar.

Raimund Thies, Minden

Der Iran schießt ein Passagierflugzeug ab, und der deutsche Außenminister Heiko Maas fordert, dass  nichts unter den Teppich gekehrt werden darf. Alles müsse an die Öffentlichkeit, die ein Recht auf die Wahrheit hat. Ja, Herr Maas, das hat sie. Die USA begehen ein Kriegsverbrechen. Der Präsident  der Vereinigten Staaten gesteht, dass er den Befehl zur Tötung des iranischen Generals Ghassem Soleimani erteilt hat, weil dieser terroristische Anschläge ausgeheckt und ausgeführt haben soll.

Welches Verbrechen ist es wert, einen Menschen nach Wildwestmanier, ohne Verfahren vor Gericht und ohne Urteil, einfach zu liquidieren?! Anschuldigungen werden nicht spezifiziert, noch nicht einmal hinterfragt. Wenn Soleimani ein Verbrecher und Terrorist war, warum ist er nicht vor dem Internationalen Gerichtshof angeklagt worden? Welche Beweise gibt es? Etwa genau so viele wie für die Massenvernichtungswaffen des Iraks, wofür der zweite Golfkrieg vom Zaun gebrochen wurde? Ich denke, wir haben keine Lügenpresse, sondern eine Verschweigenpresse. Aber das ist ein anderes Thema. Wir haben uns so sehr daran gewöhnt, dass die USA die Welt terrorisieren, weil sie meinen, die Welt funktioniert nur so, wie sie es vorgeben, dass mir angst und bange wird, sollten wir uns in Deutschland einmal dafür entscheiden, dem Neoliberalismus die Stirn zu bieten. Aber wer sollte das hierzulande schon bewerkstelligen, geschweige denn wagen?!

Peter Kühn, Temmels

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