Perfide, infam, unverschämt

Zum Artikel "Geistig Behinderte künftig an Gymnasien" (TV vom 2. Dezember):

Unter der reißerisch gewählten Überschrift "Geistig Behinderte künftig an Gymnasien" macht der Philologenverband Rheinland-Pfalz (phv) Werbung für eine elitäre Schule. Diese Kinder als Vorzeigeobjekte darzustellen, das ist gelinde ausgedrückt: perfide! Die Unkenntnis der Betroffenen auszunutzen ist infam!

Die Bundesrepublik hat die Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen angenommen, die nun die verbindliche Grundlage für die Behindertenpolitik bildet. Gleichschritt in der Bildung tritt zugunsten individueller Förderung zurück. Behinderte und nichtbehinderte Menschen haben ein Anrecht auf gemeinsames Lernen. Der Staat hat die Pflicht, die Voraussetzungen dafür zu schaffen.

Welches Menschenbild haben die phv-Vertreter? Gilt bei ihnen immer noch Behinderung als individueller Mangel, Fehler oder Krankheit, was letztendlich zu Nichtbildbarkeit im Sinne des Gymnasiums führt? Hier scheint es nur um eins zu gehen: sich aus der Verantwortung für Menschen mit Behinderungen herauszunehmen, arbeiten wie zu früheren Zeiten, Gleichmacherei zu betreiben, nichtkonforme Menschen auszusortieren und sie den Lehrkräften zuzuführen, die das (wie in der phv-Presse erklärung betont) besser können. Angst zu schüren bei Betroffenen ist unverschämt. Förderschulen mit ihrem speziellen Auftrag werden als Angebotsschulen erhalten bleiben (müssen). Die Eltern werden mehr in die Verantwortung einzubeziehen sein, welchen Ort der individuellen Förderung sie als den geeigneteren ansehen. Das Gymnasium dürfte es wohl nicht werden!

Konrad Ochsenreither, Jockgrim, Förderschulrektor

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