Leserbrief Mit einflussreicher Agrar-Lobby kein Licht am Horizont

Landwirtschaft

Zum Artikel „Bauern fordern Umdenken in der Agrarpolitik“ (TV vom 24. März):

Sollte die Agrarindustrie selbst zu der Erkenntnis gekommen sein, dass nur nachhaltige Landwirtschaft eine Zukunft hat? Weit gefehlt. Als ich den oben genannten Artikel gelesen hatte, war ich aller Illusion beraubt. Zur Ehrenrettung der Landwirtschaft sei gesagt, dass die kleinen Landwirte in einem täglichen Kampf ums finanzielle Überleben kämpfen.

Aber solange zu einem großen Teil Juristen und Lehrer in den Parlamenten sitzen, sich um die Agrarwirtschaft in Formen von Gesetzen und Verordnungen kümmern, kann meiner Meinung nach keine Besserung erfolgen. Auch müssen wir Verbraucher uns an die eigene Nase fassen. Wir werfen, jeder Verbraucher, in Deutschland rund 76 Kilogramm Lebensmittel auf den Müll. Woraus ich schließe, dass Lebensmittel zu günstig sind. Jedes Jahr werden allein in Deutschland rund 13,6 Millionen Schweine geschlachtet, die geradewegs in die Tierkörperbeseitigung, geworfen werden (Ergebnisse einer Studie der Tierärztlichen Hochschule Hannover von 2017, Anm. der Redaktion). Tierkörperbeseitigung, das hört sich besser an als Mülltonne, aber genau das ist es. Wir sind zudem zu einem hohen Anteil bei der Eigenversorgung durch die heimische Landwirtschaft in der Lage, uns in Deutschland selbst zu ernähren. Und wir subventionieren landwirtschaftliche Produkte, sie werden dann nach Afrika exportiert, wo es Bauern unmöglich ist, gegen die billigen Agrarprodukte aus Deutschland zu konkurrieren.

Wir haben meines Erachtens durchaus Luft nach oben, um eine nachhaltige Landwirtschaft mit Brachflächen, Fruchtwechseln und Grünstreifen zu haben. Ich beobachte  immer wieder, dass Landwirte sogar die Feldwege mit umpflügen, um ja nicht einen Quadratmeter ungenutzt zu lassen. Auf Ackerflächen, auf denen sowieso keine ertragreiche Ernte zu erwarten ist, wird Blumensamen verteilt, um auch dafür Subventionen zu erhalten. Subventionen sind meiner Meinung nach das Übel unserer Landwirtschaft. Landwirte generieren ihr Einkommen heute mit bis zu 50 Prozent durch Subventionen.

Ich finde das genau so wenig in Ordnung, wie ich es nicht in Ordnung finde, dass Kerosin nicht besteuert wird. Aber das Thema ist heute die Agrarreform der Landwirtschaft, die zu einer Überdüngung der Felder, Seen, Flüsse beiträgt. Und diese bekommen dann noch Gelder von uns Steuerzahlern.

Bauern wollen meines Erachtens eine Kriegslage in der Ukraine nutzen, um eine Agrarreform, die eingeleitet ist, rückgängig zu machen. Aber solange es eine einflussreiche Agrar-Lobby gibt, sehe ich keinen Lichtstreif am Horizont.

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