Placebo-Effekt

Zum Artikel "FDP-Dreikönigstreffen: Westerwelle beharrt auf Steuersenkungen" (TV vom 7. Januar):

Der mündige Bürger kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass unser Land von "geistigen Pygmäen" regiert wird. In einer Situation, in der gesamtgesellschaftliches Denken und Handeln gefordert ist, wird so weitergeeiert wie bisher. Ohne Konzept wird gepumptes Geld in "Steuerermäßigungen" versenkt.

Das Ziel solcher Maßnahmen, Investitionen dieses Geldes durch den Bürger kurbeln die Konjunktur an, wurde noch nie erreicht. Das verhindern schon die Begehrlichkeiten Dritter, die dieses Geld abschöpfen, so dass im Geldbeutel des Bürgers in der Regel weniger vorhanden ist als vor der "Steuerermäßigung".

Beispiel: Meine Frau und ich hatten im Januar 2010 zusammen 45,63 Euro mehr auf dem Gehaltszettel aufgrund der "Steuerermäßigung". Gleichzeitig ist allein unser Krankenkassenbeitrag ab Januar um 52,84 Euro gestiegen. Konkret haben wir also jetzt 7,21 Euro weniger in der Tasche als vorher. Da todsicher weitere Abgaben und Gebühren steigen werden (die Kommunen werden ihre Ausfälle durch dieses "Steuergeschenk" ja kompensieren), soll Herr Westerwelle konkretisieren, wie weniger Geld in den Taschen der Bürger die Konjunktur anheizen soll. Dieser unsinnige politische Aktionismus ändert nichts an den systemischen Mängeln: Ein Steuersystem, das kein Mensch mehr durchschaut und das mit jeder "Vereinfachung" noch komplizierter und ungerechter wird; Sozialsysteme, die längst aus dem Ruder gelaufen sind und nur dank überwiegender Steuerfinanzierung (das hatte Bismarck sich so nicht vorgestellt) am Leben gehalten werden; in Bürokratismus und eine typisch deutsche Regelungswut, die "Lebenszeit" kreativer Menschen durch Ausfüllen von Formularen vernichtet. Hier hat die Politik dringenden Handlungsbedarf. Mehr Geld als Allheilmittel in ein krankes System zu stecken hat immer nur die Wirkung eines Placebos. Man redet sich gesund - stirbt aber trotzdem!

Joachim Petry, Wittlich

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