Politik

Zur Berichterstattung über die Landtagswahlen und die Konsequenzen diese Meinungen:

"Jeder hat das Recht auf Dummheit, doch manche missbrauchen es." Diese Aussage der Philosophin und ehemaligen "Dschungelkönigin" (RTL 2004) Desiree Nick kam mir spontan in den Sinn, als ich am Wahltag das Alptraumergebnis für die CDU vernahm. Auch einer Politikerin mit einer großartigen Vita gestehen wir (Wähler) das Recht auf gelegentliche "Dummheiten" zu, aber Dummheit als Wahlhilfe? Die versuchte Volksverdummung mussten die Wähler dann doch abstrafen. Da führt die CDU-Kandidatin vor wenigen Wochen noch mit zehn Prozentpunkten vor der Amtsinhaberin und landet am Tag der Wahrheit mit Abstand weit abgeschlagen (und voraussichtlich in der Bedeutungslosigkeit)! Als Kandidatin im Land ist sie nach diesem desaströsen zweiten Anlauf "verbrannt". Das Hauen und Stechen in der CDU wird - wie gewohnt - alsbald beginnen. Frau Klöckner ist (uneinsichtig) der Meinung, ihr Stimmendefizit habe die AfD herbeigeführt. Ihr fehlt einfach die Größe, ihr Manko an Verlässlichkeit zuzugeben, vor allem und im Besonderen in der Flüchtlingspolitik. Das unappetitliche und unsolidarische Taktieren zwischen der Asylpolitik der Kanzlerin und den in erpresserischer Manier gestellten Forderungen von Horst Seehofer zum Fernhalten "der Flüchtlinge" von den deutschen Fleischtöpfen durch Einführung von Ober-, Unter- oder sonstigen Grenzen geriet der Kandidatin zu Recht zum Bumerang. Mal grenzte sie sich ab im Sinne von Quertreiber Seehofer, mal tat sie solidarisch mit der Kanzlerin. Folgerichtig haben die Wähler für Partei und Kandidatin mit dem großen C die Rote Karte gezückt und haben den Leuten ihr Vertrauen geschenkt, die nachweislich für Solidarität, Menschlichkeit, Barmherzigkeit stehen. Der mit Glanz und Gloria gescheiterten Kandidatin sage ich voraus: Auch im Bund wird sie kein Füßchen mehr auf die heiße Berliner Erde bekommen! Ihre Ziehmutter Angela Merkel vergisst nicht, sie hat noch nie vergessen ... Christoph Wallenborn, Neroth Und wieder hat eine Katastrophe die SPD im Land gerettet. Wie einst die Flut im Osten Gerhard Schröder rettete oder 2011 die Katastrophe in Japan den Koalitionspartner starkgemacht hat, war es diesmal die Katastrophe in Form der AfD, die, allen Umfragen zum Trotz, den Genossen den Sieg brachte. Also müssen wir uns weitere fünf Jahre die falschen Versprechungen aus Mainz anhören. Müssen mit zu wenig Polizisten leben und über kaputte Straßen fahren. Aber das kennen wir ja jetzt schon lange genug, und anscheinend haben wir uns daran gewöhnt. Dann kann der Innenminister ja jetzt auch beruhigt die Kriminalstatistik bekanntgeben, die ja offensichtlich aus gutem Grund bis nach der Wahl zurückgehalten wurde. Ich frage mich nur, ob Malu Dreyer überhaupt in den Landtag einzieht. Jetzt, wo doch auch die AfD da ist. Und mit denen setzt sich unsere Ministerpräsidentin ja nicht gerne auseinander. Oder galt das nur fürs Fernsehen? Da war doch was: "Ser geerte Vrau Dreier, bestimmt hilft inen bei der nähxten oder übernähxten Wal die Generation Schreiben nach Gehör zum Sieg." Aus Dankbarkeit! Man könnte ja die Wahlzettel entsprechend drucken. Wolfgang Rachow, Wittlich Welch eine Schande! Über zehn Prozent in Rheinland-Pfalz und in Baden-Württemberg für die AfD, aber bei dem Ergebnis in Sachsen-Anhalt wünsche ich mir doch glatt die Mauer wieder. Dann müsste ich mich nicht so fremdschämen. Ulrike Möhn, Wittlich Malu Dreyer und Winfried Kretschmann haben die Wählerschaft eindeutige Voten abgeben lassen, sie waren es, nicht ihre Parteien. Malu Dreyer als Person steht für Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, Authentizität (EVA), bei der SPD kann man Verlässlichkeit und Authentizität (Agenda 2010) nur mit viel nostalgischem Wohlwollen finden. Winfried Kretschmann steht neben den EVA-Werten vor allem für eine bevölkerungsnahe Offenheit, er hört genau hin, was "die Menschen" wollen: Sicherheit, Stabilität und - hier entfernt er sich von der Grünen-Basis - Identität. Es gibt jedoch in Deutschland eine Stimmungslage, wie sie in weiten Teilen Europas von jeher zu finden ist. Eine Re-Nationalisierung, sprich Rückbesinnung auf tradierte kulturelle Identität ist vor allem unter der Generation 50 plus in Sicht, besonders auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, und das aus nachvollziehbaren Gründen. Für Deutschland in der Mitte Europas und mit seiner starken Einbindung in atlantische und europäische Institutionen ist das eine ziemlich schwierige Perspektive. Lange glaubte das hiesige (westdeutsche) Kartell aus Politik, Wirtschaft und Medien, dass "die Menschen draußen im Lande" vor dem Hintergrund von Holocaust, Zweitem Weltkrieg und der in den vergangenen fünfzig Jahren zunehmenden Weltoffenheit, sprich Entnationalisierung (West-!)Deutschlands das Bedürfnis nach kultureller Identität (psychische Sicherheit) und kulturellen Traditionen (psychische Stabilität) aufgegeben und sich dem Wirtschaftlich-Materiellen zugewandt hätten, und so beförderten sie die "öffentliche Meinung" in diesem Sinne. Verteufelung der alten Lucke-Henkel-AfD (die vor allem aus ökonomisch-finanzpolitischen Gründen gegen den Euro war) wie auch der neuen (die sich der Rückbesinnung auf tradierte Identität annimmt) als rechtsradikal oder gar -extrem war nicht nur sachlich falsch (von Ausnahmen abgesehen), sondern auch politisch völlig unsensibel. Diese Partei vertritt im Kern konservative Anti-Globalisierungs- und Anti-Wirtschaftsverfügbarkeits-Positionen (Familienpolitik), was nicht heißt, dass sie wirtschafts-, kapitalismus- und technikfeindlich ist, im Gegenteil. Die Grünen haben ihren ökologischen, sozial-aufklärerischen und weltöffnenden Beitrag in den vergangenen dreißig Jahren geleistet, sie werden von vielen als verbraucht beurteilt. Köln hat - wenn man es aus Sicht der alten "Eliten" (des "Kartells") so sehen will - die Büchse der Pandora vollends geöffnet, nachdem Merkels Asylpolitik den Deckel angehoben hatte. Wer Demokratie ernst nimmt, der muss eingestehen, dass das Volk, "der große Lümmel" (Heinrich Heine), meist doch höchst eigene und zählebigere Auffassungen vom Leben hat als Karriere- und/oder Idealismus-orientierte Parteipolitiker, erst recht anders als Wirtschaftsbosse und aufklärungsverpflichtete, Einstellungen beeinflussende oder verändern wollende Redaktionen. Sollten all diese Gruppen dann vielleicht doch "das Volk auflösen und ein anderes wählen" (Bertolt Brecht)? Oder das Volk doch lieber andere Politiker? Es ist drauf und dran. Michael Wilmes, Ralingen-Wintersdorf

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