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Zum Forum "Et kütt wie et kütt" und zur Frage "Was ist rheinischer Katholizismus?" (TV vom 25. August):

Seit mich vor 50 Jahren einmal ein Preuße als "unzuverlässigen Rheinländer" titulierte, bewegt mich die Frage, warum wir Rheinländer von den "echten" Deutschen als Exoten angesehen werden. Das beginnt mit den alten Römern, die uns vor 2000 Jahren ein Bevölkerungsgemisch aus Kelten, Juden, Germanen und den Veteranen ihres Heeres aus dem ganzen Reich hinterließen. Diese nahmen das Christentum, wie im übrigen Römischen Reich, meist ohne Zwang an. Bei den Germanen jenseits des Rheins wurde das Christentum erst später durch Karl den Großen mit viel Druck eingeführt - das führte naturgemäß zu einer anderen Einstellung der Religion gegenüber. Während der Reformation und des Dreißigjährigen Kriegs blieb das Rheinland weitgehend unberührt, während sich das übrige Deutschland stark veränderte. Wesentlich scheint mir der Einfluss der Französischen Revolution zu sein, die aus den Leuten links des Rheins Staatsangehörige einer Demokratie machte, während jenseits des Rheins weiter absolute Fürsten regierten. Als nun 1815 die protestantischen Preußen - in der Pfalz die absolut regierenden Bayern - die Macht übernahmen, stießen sie bei den "Ureinwohnern" auf Ablehnung, zumal diese neue politische Lage auch wirtschaftliche Probleme mit sich brachte. Verschärft wurde die Situation noch, als Bismarck nach 1870 den Kulturkampf begann und damit den preußischen Protestantismus hierzulande sehr in Misskredit brachte. Mein Großvater schimpfte stundenlang über Bismarck - allerdings auf Platt, denn Hochdeutsch war die Sprache der preußischen Besatzungsmacht. Als Hitler 1933 die Macht ergriff, waren die Eifel und der Niederrhein bei der letzten freien Wahl die einzigen Gebiete, bei denen die NSDAP nicht einmal die relative Mehrheit erreichte - Sieger war das katholische "Zentrum". Erst dem Rheinländer Adenauer gelang es, seine Landsleute auch gefühlsmäßig zu integrieren. Die Bedeutung des Katholizismus ist in den letzten Jahren zurückgegangen - und die rheinische karnevalistische Fröhlichkeit auch im restlichen Deutschland angekommen. Der Karneval ist ein typischer Ausdruck linksrheinischen Katholizismus - und offenbar ein guter Exportschlager unserer Mentalität. Hoffen wir, dass es Julia Klöckner gelingt, Angela Merkel einmal zum Lachen zu bringen. Das wäre ein Gewinn für unser Land. Ernst Hanrath, Bruch

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