Politiker

Zur Berichterstattung über die Kür des designierten Bundespräsidenten Joachim Gauck und zum Rücktritt von Christian Wulff diese Zuschriften:

Es ist richtig und gut, dass Joachim Gauck gemeinsam von den Regierungsparteien und den Oppositionsparteien SPD und Bündnis 90/Die Grünen vorgeschlagen wird. Natürlich war es für Bundeskanzlerin Merkel nicht einfach einzulenken; aber ich denke, auch in solch einer Situation muss man ein Feingespür dafür entwickeln, was der Bürger will. Das Amt des Bundespräsidenten beziehungsweise das Hin und Her über die Besetzung dieses Postens darf nicht politischen Machtspielchen geopfert werden. Es ist mir klar, dass es oft bei den Wahlen zum Bundespräsidenten so war und das ist auch auf eine gewisse Weise legitim. Aber in den letzten Wochen hat der Stellenwert dieses Amtes unsagbar gelitten und wurde mit Füßen getreten. Es braucht jetzt einen Kandidaten, der von einer großen Mehrheit in der Bundesversammlung getragen wird und der die Fähigkeiten besitzt, das Vertrauen in das höchste Staatsamt und das Vertrauen in die Politik dem Bürger zurückzugeben. Im Übrigen wünschte ich mir, dass auch in der Kommunalpolitik die Verantwortlichen mehr Mut aufbringen, die Meinung der Bürger vor Ort aufzunehmen und sie auch gegenüber einer möglichen Parteiräson zu verteidigen. Es braucht Mut, seine Meinung zu vertreten. Aber noch mehr Mut braucht es, eine Meinung zu ändern. Uwe Schneider, Gerolstein Das Trauerspiel um Christian Wulff ist endlich beendet - oder doch nicht? Ihm steht lebenslang der "Ehrensold" von 199 000 Euro jährlich, Büro, Personal, Dienstwagen zu. Ich gehöre nicht zu denen, die sich über zu hohe Politikergehälter populistisch aufregen, teile diese Meinung ganz und gar nicht. Wulff hätte dem Amt entsprechend eine Vorbildfunktion haben sollen. Nicht nur das Gezeter bis zum Abschied war wenig vorbildlich, bis auf seine "Integrationsrede" fällt mir nichts ein. Jetzt wählte er die Worte zum Abschied so geschickt, damit er laut Verfassungsrechtler von Arnim seinen Ehrensold nicht gefährdet. Er könnte jetzt etwas tun, was ihn zumindest menschlich-moralisch rehabilitieren würde. Er könnte/müsste auf den Ehrensold verzichten, nebst der anderen Privilegien. Er könnte von den Bezügen eines Ex-Ministerpräsidenten weiterhin gut leben, rechtliche Konsequenzen müssen Gerichte befinden. Er hätte die Chance zu zeigen, dass Anstand und ein Gefühl für die Menschen in diesem Land, nicht komplett abhandengekommen sind. Er könnte wenigstens einmal auf die Abzweigung "vorbildlich" und "ich habe verstanden" wechseln. Zu befürchten ist aber, dass er auch das nicht tut und damit die politische Kultur weiter beschädigt. Das Bundeskabinett könnte ebenfalls nachhelfen, allein mir fehlt der Glaube. Lorenz Müller, Föhren Der Kommentar "Gesucht: ein Versöhner - kein Heiliger" von Chefredakteurin Isabell Funk findet große Zustimmung. Alle demokratischen Kräfte in der Bundesrepublik sind erfreut, dass aus dem Debakel der beiden letzten Präsidenten ein gemeinsamer Kandidat gefunden wurde, der in der Lage ist, zu versöhnen und auf das Volk zuzugehen und der Vertrauen gewinnen kann. Ich würde aber gerne noch einige weitere Fakten zum Rücktritt des Bundespräsidenten und seiner politischen Berater anführen. Herr Wulff ist als Präsident schlicht und einfach an der Person Wulff gescheitert. Sein Krisenmanagement war miserabel. Die meisten politischen Unterstützer - bis Mitte Januar war es in der Öffentlichkeit Peter Altmaier gewesen, der Parlamentarische Geschäftsführer - zogen sich nach immer weiter auftauchenden Vorwürfen zurück. Allein Peter Hintze, Berater und Freund von Herrn Wulf, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, hielt zu Wulff, sogar noch, als die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen bekannt wurden. In Talkshows erklärte Hintze vehement alle Vorwürfe für widerlegt. Für die meisten Menschen, die Vorwürfe, teils von Herrn Wulff eingestanden, bewerteten und die nach den Werten Anstand, Würde und Moral lebten, waren die Auftritte und Erklärungen des Herrn Hintze ein Schlag ins Gesicht. Da das Kartenhaus Wulff zusammengefallen ist, fragt man sich, was macht nun Herr Hintze jetzt? Wartet er auf das Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft Hannover oder folgt er Herrn Wulff und tritt zurück? Die zukünftige Wertevermittlung der Eltern, Lehrer und Erzieher an Kinder und Jugendliche wäre wieder glaubhafter. Konrad Theis, Trier Und wieder ist ein Bundespräsident zurückgetreten. Mittlerweile ist vielleicht zu verstehen, was Horst Köhler bei seinem Rücktritt ansprach: der fehlende Respekt vor diesem Amt. Es ist wirklich anmaßend, wie große Teile der Politik und der Presse mit unserem (nun ehemaligen) Bundespräsidenten umgegangen sind. Wie viele Bundespräsidenten wollen wir noch verschleißen, bevor wir uns wieder darauf besinnen, dass ein Amt wie dieses auch Respekt und Achtung verdient? Wir machen uns doch vor der ganzen Welt lächerlich, wenn jedes Jahr jemand anderes das Amt des Bundespräsidenten bekleidet, und dann verlieren wir langsam aber sicher auch den Respekt und die Achtung anderer Staaten. Ist das eine Zukunft, die wir wollen? Dann weiter so! Lucas J. Boehm, Abgeordneter des Studierendenparlaments der Universität Trier Ich lache mich schlapp! Für wie dämlich und vergesslich hält Frau Merkel eigentlich "das Volk"? Auf einmal soll es auf Frau Merkels Wunsch ein überparteilicher Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten sein. Ja, den hatte sie doch schon 2010. Aber da musste ja im dritten Wahlgang um jeden Preis der Herr Wulff durchgedrückt werden. Wohl wissend, den falschen Mann an den falschen Platz zu wählen. So entledigt sich Frau Merkel auf Steuerzahlers Kosten möglicher zukünftiger Kanzlerkandidaten innerhalb ihrer eigenen Partei! Was ich ihr in diesem Zusammenhang aber ganz persönlich übel nehme, ist, dass ich über Wochen, auch in den seriösen Printmedien tagtäglich Kommentare des größten deutschen Schmierblattes lesen musste. So hält sich mein Mitleid mit dem simplen und eitlen Herrn Wulff auch sehr in Grenzen. Wer sich in die Niederungen dieses Blattes hinab begibt, sollte ein solches Amt nicht bekleiden. Auch das wusste Frau Merkel! Ulrike Möhn, Wittlich Schadenfreude wäre jetzt falsch am Platz. Christian Wulff hat die Notbremse gezogen, leider viel zu spät. Das Amt hat Kratzer bekommen, die Narben hinterlassen werden. Die Hannoversche Staatsanwaltschaft hat mit ihrem Antrag auf Aufhebung der Immunität Wulffs Zivilcourage gezeigt. Genau diese Courage und vor allem Aufrichtigkeit, Loyalität und Vorbildfunktion muss der nächste Bundespräsident präsentieren. Michael Zeimens, Nattenheim

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