Unglück Prävention ist Weisheit

Zum Artikel „Kann Frühwarnsystem Amokfahrten verhindern?“ und zum Leserbrief „Genauer hinschauen, aufeinander achtgeben“ (TV vom 12./13. Dezember) schreibt Richard Ladwein:

Innenminister Roger Lewentz freut sich, wie er nach der letzten Innenministerkonferenz in einem Interview gesagt hat, dass die Minister sich darauf verständigten, nun in einer Arbeitsgruppe zu untersuchen, ob für solche Gewalttaten wie die Amokfahrt in Trier am 1. Dezember frühzeitig Anhaltspunkte ausgemacht werden können. Da bringt es Petra Gottwald in Ihrem Leserbrief auf den Punkt: „Wohl gibt es […] Möglichkeiten, potenzielle Gewalttäter zu identifizieren […] durch mitmenschliches Aufeinander-Achtgeben.“ Und: „Schauen wir genauer hin.“

Leider – das Wort unterstreiche ich auch im Hinblick auf den Bereich der Naturgefahren – ist es, wie so oft, dass erst nach schwerwiegenden Ereignissen (dann, wenn es schon zu spät und das Medienrauschen auch schon wieder vorbei ist, dennoch bleiben Trauer, Schmerz und Wunden), der Ruf nach Untersuchungen, Bildung von Arbeitsgruppen, Frühwarnsystemen, also nach Prävention laut wird. Warum räumen wir der Prävention nicht genug Platz vor solch schrecklichen Ereignissen ein, etwa Amokfahrten/-läufen, sexuellem Missbrauch (auch besonders in den Familien), Gewalt an Frauen und Kindern, Naturkatastrophen, die gerade vermehrt im Zuge des Klimawandels auch uns in Rheinland-Pfalz treffen werden?

Prävention ist Weisheit. Zunächst die Frage: Was ist Weisheit? Weisheit ist nicht identisch mit der Akkumulation von Wissen. Weisheit ist eine praktische Befähigung. Sie ist ein Maß für die Geschicklichkeit, mit der wir durch unser Leben navigieren. Wer einmal begriffen hat, dass fast alle Schwierigkeiten einfacher zu vermeiden als zu lösen sind, dem leuchtet diese simple Definition ein: Weisheit ist auch Prävention. Wenn der Mensch ahnt, wo die Gefahren lauern, kann er vorbeugen und manchen Hindernissen aus dem Weg gehen. Einstein hat es so ausgedrückt: „Eine clevere Person löst ein Problem. Eine weise Person vermeidet es.“

Resultat: Die so oft fast unvermeidbar scheinenden Katastrophen kann der Mensch ausräumen oder mildern, indem er sich der Realität stellt und die Probleme sofort anpackt. Für alles Vorhersehbare gilt: Vermeiden wir Probleme, bevor wir diese zu lösen haben! Dabei ist mir bewusst, dass es keine absolute Sicherheit gibt.

„Wachtet auf, ruft uns die Stimme,“ so lautet die Anfangszeile des Adventsliedes von Phílipp Nicolai (1599). Diesen Satz rufe ich allen Verantwortlichen, auch jedem einzelnen Bürger zu.

Richard Ladwein, Geoanalyst, Trier

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