Religion

Zur Berichterstattung über die Proteste in der islamischen Welt gegen das Mohammed-Video und zur Diskussion über Meinungsfreiheit und Toleranz:

Es gibt mehr als einen Grund, das hohe Gut der Meinungsfreiheit hintanzustellen: nämlich dann, wenn das allerhöchste Gut, das Recht auf Unversehrtheit von Leib und Leben, mit solcher Art "Freiheit" gefährdet, ja sogar in Todesgefahr versetzt wird. Das dämliche Video bezüglich Verspottung von Islam und Mohammed hat mit Religion und Glaubensfreiheit gar nichts zu tun, sondern mit Politik und Geschäftemacherei (wie einst bei Pilatus, der den Aufrührer Barabbas freiließ ...): Hier werden unschuldige Dritte in aller Welt "freigegeben" für Hass, Mord und Totschlag! Und hier irrt der "Rauschebart" (aus philosophisch-theologischer Sicht!) Michael Schmidt-Salomon ganz gründlich. Auch für ihn könnte gelten, was C. S. Lewis mal so notiert hat: "Wer nach dem Unsinn verlangt, wird ihn erleben." Seine absolutistische Ein-Stellung hat nichts mit den Begriffen wie Gerechtigkeit, Barmherzigkeit oder gar Liebe zu tun (sieht man mal auf Umberto Eco hin, der sehr deutlich angemerkt hat, dass die meisten Zeitgenossen "Lust mit Liebe verwechseln"). In aller Regel sind gerade die Geistlichen aller Couleur "Experten" in Sachen Witz und Satire (vergleiche Oswald von Nell-Breuning): Humor erfrischt und belebt, Ironie beißt und scheucht auf, Zynik verletzt und macht krank. Was aber letztlich umbringen = töten will, ist und bleibt kriminell. Das an die Adresse verfassungsrechtlicher Grenz-Gebiete. Michael Böhles, Trier Die persönliche Freiheit - insbesondere die Möglichkeit zur freien Meinungsäußerung - ist eines unserer höchsten Güter. Niemand darf mir so ohne Weiteres den Mund verbieten! Aber ist diese Freiheit wirklich grenzenlos? Meine Freiheit - so hat mir vor Jahrzehnten ein sehr liberaler Lehrer beigebracht - findet ihre Grenze in dem Moment, in dem ich die Freiheit meines Gegenübers einschränke. Das geschieht immer dann, wenn ich den Respekt gegenüber meinen Mitmenschen vermissen lasse und schlecht über sie rede. Diese Grenze der persönlichen Freiheit wird weit überschritten, wenn ich die religiösen Gefühle meines Mitbruders, meiner Mitschwester verletze. Damit meine ich nicht nur Christen, sondern auch Juden und Moslems, die immerhin denselben Gott verehren wie ich selbst. Die Grenzen des gegenseitigen Respekts werden in jenem ominösen, amerikanischen Film über Mohammed oder aktuell in den Satiremagazinen "Charlie Hebdo" oder "Titanic" eindeutig überschritten. Wenn ich Öl ins Feuer (des religiösen Fundamentalismus) gieße, darf ich mich nicht wundern, wenn von den auflodernden Flammen ergriffen werde und möglicherweise selbst verbrenne. Dr. med. Joachim Hölle-Gindorf, Trier Das Titelfoto des TV vom 22./23. September hat mich erschreckt: zwei Männer mit hassverzerrten Gesichtern. Die Aufmacherzeile sortiert dies gleich ein: "Proteste gegen Mohammed-Video: Trierer Bischof verurteilt Gewalt." Proteste-Muslime-Hass-Gewalt, das ist die Botschaft von Bild und Text. Ich finde diese Gleichsetzung erschreckend, ungerecht und scharfmacherisch. Denn es ist nur eine kleine Minderheit der über eine Milliarde Muslime, die mit Gewalt auf die absichtliche Schmähung ihres verehrten Propheten reagiert. Und die Mehrheit? Die Leser des Volksfreunds erfahren so gut wie nichts über die besonnenen Reaktionen der Muslime in Deutschland und der Islamverbände. Stattdessen Schreihälse und Gewalttäter, frei nach dem Motto des Boulevardjournalismus: Eine schlechte Nachricht ist eine gute Nachricht. Wie wirken diese weitverbreiteten journalistischen Verzerrungen auf die muslimische Minderheit hierzulande? Nicht Wenige fühlen sich schon jetzt vom Westen in ihrer religiösen und kulturellen Identität angegriffen, siehe Kopftuch- und Minarettverbote, Mohammed-Karikaturen und Sarrazin-Pöbeleien gegen angeblich geistig minderbemittelte Muslime. Vom Massenmord an Muslimen in Srebrenica, dem völkerrechtswidrigen Angriff auf den Irak, dem Krieg in Afghanistan, Abu Ghraib und Guantanamo ganz zu schweigen. Dies ist der Stoff für eine Opferrolle, die auch gutwillige Muslime radikalisieren kann. Dazu zwei konkrete Anregungen: Professor Robbers und Superintendent Pistorius haben gegenüber dem TV von der Notwendigkeit einer "neuen Kultur der Anständigkeit" und einem konstruktiven Miteinander mit Muslimen gesprochen. Wie wäre es, wenn Christen und Juden ihre "Woche der Brüderlichkeit" auch auf unsere muslimischen Schwestern und Brüder ausweiteten? Und wenn viele Menschen in diesem Jahr bewusst den "Tag der Offenen Moschee" (in Trier und Wittlich am 3. Oktober) besuchten? Es wären deutliche Zeichen. Thomas Zuche, AG Frieden, Trier Durch die islamische Welt geht ein Sturm der Entrüstung wegen der Beleidigung ihres Propheten Mohammed. Ich finde die große Aufregung in Ordnung, lehne aber Todesdrohungen gegen Menschen anderer Meinungen ab. Würden die Christen dasselbe tun gegen diese Menschen, die Religion, Papst, Kirche und Jesus verspotten, verleumden und lächerlich machen, man würde ihr Geschrei bis an die Grenzen der Erde hören. Vielleicht würden sie sogar die Religionen ihrer Bürger besser schützen. Gewisse Religionsverächter kommen mit dem Argument der Meinungsfreiheit und meinen, die Freiheit hätte keine Grenzen. Religion und Gottesglaube sind tief im Herzen der Menschen verwurzelt, und die Meinungsfreiheit hört da auf, wo solche Gefühle verletzt werden. Kein Glaube, egal welcher Richtung, darf verspottet, verhöhnt, beleidigt oder verleumdet werden. Im Übrigen muss man einmal sagen, ein Volk ohne Religion, egal welcher Couleur, ist nicht viel mehr wert als die lieben Tiere, die heute teilweise mehr geschützt werden als die Menschen. Es kann nicht akzeptabel sein, dass Islamisten für sich, Allah und seinen Propheten Ehrfurcht verlangen, übrigens zu Recht, aber selbst überall in der Welt Christen verfolgen und ihre Kirchen teilweise zerstören. Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass diese Scharfmacher nicht die wahren Islamisten sind. Jakob Schmitz, Üxheim-Heyroth Als vorläufigen Höhepunkt der gewalttätigen Reaktionen in der islamischen Umma auf das Mohammed-Video hat der pakistanische Eisenbahnminister Ghulam Ahmad Bilour zum Mord am Urheber des Streifens aufgerufen und 100 000 Dollar auf seinen Kopf ausgesetzt. Die Reaktion des US-Außenministeriums darauf blieb recht verhalten - ganz im Gegensatz zu dessen andauernden öffentlichen Abscheubekundungen dem lächerlichen Video gegenüber. Dass dieser Mordanstifter, der übrigens nicht einmal zum Rücktritt gedrängt wurde, geschweige denn eine Strafverfolgung befürchten muss, durchaus im Sinne des Religionsstifters des Islam handelt, soll folgende historisch belegte Geschichte (Quelle: Ibn Kathir, "Der Anfang und das Ende" Band 2, Seiten 659-660) verdeutlichen: "Mohammed debattierte mit den Juden in Medina. Da diese sich jedoch unbeeindruckt von seinen Lehren zeigten, befahl er zum allgemeinen Entsetzen die Ermordung eines in hohem Ansehen stehenden Juden, der ihn in Gedichten kritisiert hatte. Dazu kam es folgendermaßen: Bei einer Zusammenkunft mit Anhängern fragte Mohammed: ,Wer wird diesen Mann für mich töten?\' Einige meldeten sich. Eines Abends gingen sie zum Haus des Juden und luden ihn ein, mit ihnen zu gehen und zu plaudern. Während der Unterhaltung im Gehen gab einer der Muslime den anderen ein Zeichen. Daraufhin griffen sie ihn aus dem Hinterhalt mit Schwertern und Dolchen an und metzelten ihn nieder. Mohammed befahl daraufhin noch einen weiteren Mord an einem angesehenen Juden. Doch da die Juden sich dennoch weiterhin weigerten, den Islam anzunehmen, vertrieb er sie systematisch aus ganz Arabien." Die schärfsten Kritiker des islamischen Religionsstifters kommen übrigens aus den eigenen Reihen und sind insofern wohl unverdächtig: Ayaan Hirsi Ali, Mina Ahadi, Seyran Ates (alles mutige Frauen!), doch auch Salman Rushdie und nicht zuletzt Mark A. Gabriel (der Professor für islamische Geschichte an der Al-Azhar-Universität war und seit seiner Hinwendung zum Christentum unter Todesdrohungen lebt und seinen Namen änderte), dessen erstaunlich objektives Buch "Jesus und Mohammed" jedem, der etwas Hintergrundwissen erwerben möchte, sehr ans Herz gelegt sei. Joachim Brück, Trier Die Berichterstattung über den Aufruhr in der arabischen Welt rund um den Mohammed-Film habe ich als wohltuend unaufgeregt und sehr sachlich empfunden. Vor allem die Aussage von Michael Schmidt-Salomon, dass es keinen Grund gibt, religiöse Texte nicht genauso zu kritisieren wie jedes andere kulturelle Erzeugnis der Menschheit, ist meines Erachtens genau richtig. Was mich jedoch wundert, ist, dass kaum eine Zeitung, Zeitschrift, Fernsehsendung sich damit beschäftigt hat, was denn nun wirklich genau in diesem 13-Minuten-Machwerk zu sehen ist, das immer nur als "Anti-Islam-Film" deklariert wurde und das für soviel Gewalt gesorgt hat. Wahrscheinlich haben 95 Prozent aller Muslime und sonstigen Erdbewohner den Film nicht gesehen. Ich habe das Video angeschaut, zusammen mit einigen Muslimen in Ägypten. Fast der gesamte Inhalt, die meisten Dialoge (wenn auch natürlich in einer mehr als provokanten und äußerst primitiven Art "auf die Rolle genommen") stammen aus dem Islam selbst, und zwar das meiste davon aus den Hadithen, das sind die gesammelten Aussprüche des Propheten Mohammed zu Lebens- und Benimmregeln, die für Muslime einzuhalten sind. Wenn sich also Muslime nun zum Beispiel darüber aufregen, dass Mohammed in diesem Filmchen als Mensch mit pädophilen Neigungen gezeigt wird, so sollten sie sich nicht arg wundern. Jeder Moslem wird es als Wahrheit verteidigen, dass Mohammed die neunjährige Aisha zu sich nahm und sie geheiratet hat, als sie zwölf Jahre alt war. Heutzutage käme der Prophet dafür in den meisten Ländern dieser Erde ins Gefängnis - eben genau wegen Pädophilie. Oder dass er als Womanizer dargestellt wird. Nun, der Mann war mit neun Frauen verheiratet, auch das wird jeder Muslim als Wahrheit ansehen ... Bischof Ackermann spricht von Satire, die zu weit gehen kann. Natürlich gibt es das. Die wahre - allerdings ganz reale und viel ernstere - "Satire", die zu weit geht, findet ganz woanders statt: Eine der ersten Gesetzesvorlagen, die im ersten nachrevolutionären ägyptischen Parlament von den Salafisten eingereicht und dort stundenlang debattiert wurde, war die Forderung, dass Mädchen künftig wieder mit zwölf Jahren verheiratet werden dürfen (weil der Prophet das ja so vorgelebt hat). Doch selbst der altehrwürdigen Al Azhar-Institution als oberste religiöse Instanz aller sunnitischen Muslime war das zu viel: Ein donnerndes "Nein!" machte dieser Gesetzesvorlage den Garaus, der Einsicht und Weisheit der hohen Herren sei Dank! Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die ganze Sache einen völlig anderen als einen religiösen Hintergrund hat: Es ist heiße Phase im amerikanischen Wahlkampf! Ingrid Wecker, Konz

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