religionen

Zum Leserbrief "Der Islam passt nicht zu Deutschland" (TV vom 4. Mai):

Selten habe ich einen Leserbrief zur Kenntnis genommen, bei dem ich wie hier jedes Wort unterschreiben könnte. Unsere Gesellschaft macht sich keine Vorstellungen vom Islam und unterscheidet sogar zwischen "Islam" und "Islamisten", wobei nur die Letzteren als Terroristen wahrgenommen werden. Vor dem Krieg war ich mit einem befreundeten Priester zweimal in Syrien und hatte Gelegenheit, mit syrischen Christen zu sprechen. Sie haben mich auf Dinge hingewiesen, die wir in Europa so nicht kennen und deshalb auch nicht wahrnehmen (wollen). Der Islam ist eine dualistische Religion, die nur zwischen "Gläubigen" und "Ungläubigen" unterscheidet. Mit den "Gläubigen", also anderen Moslems, kann der Moslem in Frieden leben, die Ungläubigen muss er bekämpfen (Sure 48:29). Sie gelten als Feinde für immer und ewig. Die "Ungläubigen" werden an verschiedenen Stellen des Koran charakterisiert, sie seien Feinde des Propheten (Sure 2:98), sie versuchten, fromme Muslime von ihrem Glauben abzubringen (Sure 4:89) usw. Von daher ist es für einen frommen Muslim nur konsequent gelebter Glaube, "Ungläubige" zu bekämpfen. In diesem Zusammenhang erscheinen die Attentate von Paris oder die Gräueltaten des IS nicht als das Werk von unbelehrbaren Fanatikern, sondern als konsequent gelebter Glaube. Perfide wird die Sache, wenn der Koran seinem Gläubigen erlaubt, sich in andersgläubigen Mehrheitsgesellschaften zu verstellen (Sure 3:28), d. h. Freundschaften mit Ungläubigen einzugehen, solange er sie nur innerlich ablehnt. Wenn die führenden Köpfe unserer Volksparteien diese Befürchtungen der kleinen Leute nicht ernst nehmen, werden sie bald Parteien ohne Volk sein. Das läuft dann nämlich den rechten Rattenfängern und der AfD hinterher. Der Islam gehört erst dann zu Deutschland, wenn er bereit ist, wesentliche Teile des Koran einer Reflexion nach der historisch-kritischen Methode zu unterziehen und unsere Grundwerte wie Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit, Gleichheit der Frau und Verbot von Zwangsheirat zu akzeptieren. Reiner Weber, Konz Der Satz von Christian Wulff, "der Islam gehört zu Deutschland", hatte einen gravierenden Geburtsfehler, weil ihm ein wichtiger Halbsatz fehlte. Eine komplette und unmissverständliche Fassung hätte etwa lauten müssen: "Der Islam gehört zu Deutschland, wie alle Religionen und Weltanschauungen, die den verbindlichen Rahmen unseres Grundgesetzes und der Menschenrechte anerkennen, respektieren und deren Priorität bejahen und beachten." Wir haben in unserer freien und offenen Gesellschaft inzwischen ein Angebot von Welt- und Menschenbildern von geradezu verwirrender Vielfalt. Da wäre auch noch Platz für einen friedlichen Islam. Allerdings: Diese Freiheit hat verbindlich festgelegte Grenzen, die in unserem Grundgesetz und den Menschenrechten definiert sind. Der Staat als repräsentatives Organ einer solchen freien Gesellschaft hat die Pflicht, diese Grenzen sorgfältig selbst zu beachten und sie gegen Angriffe von außen entschieden und entschlossen zu verteidigen. Manchmal kann man allerdings den Eindruck gewinnen, dass diese Grenzverteidigung etwas zu lasch oder zu blauäugig wahrgenommen wird. Jedweder Fanatismus, wie er derzeit in der radikalen Interpretation des Islam durch den IS zum Ausdruck kommt, stellt eine ernsthafte Bedrohung jeder freien Gesellschaft dar. Er versucht, den Einzelnen zu entmündigen, ja zu versklaven. Fanatismus tendiert fast immer zur Gleichschaltung einer Gesellschaft, auch unter Anwendung von Gewalt. Solche "Gleichschaltungsversuche" hatten wir oft genug in der Geschichte, auch in der jüngeren deutschen Geschichte. Fanatismus gehört nirgendwo hin, in keine Gesellschaft. Herbert Reichertz, Bleialf Nein, es ist nicht die "Sehnsucht nach dem aufgeräumten Schrebergarten", die der AfD die Wähler zutreibt. Die Ursache des wachsenden Zuspruchs zu einer rechtskonservativen Partei liegt vor allem in der Politik einer Bundesregierung, die ohne Konzept den unkontrollierten Zustrom Hunderttausender muslimischer Flüchtlinge zulässt und die deutsche Bevölkerung damit zu beruhigen versucht, der Islam gehöre zu Deutschland. Bislang gehörte es zur politischen Korrektheit, keine Kritik am Islam in Deutschland zu üben. Mit diesem Tabu hat die AfD gebrochen. Wenn muslimische Kinder von ihren Eltern an der Teilnahme am Sport- und Biologieunterricht gehindert werden, wenn schon vierjährige muslimische Mädchen in der Schule ein Kopftuch tragen müssen, muslimische Jugendliche ihrer Lehrerin respektlos den Handschlag verweigern, weil sie als Frau unrein ist, in Schulkantinen das Essen "halal" sein soll oder fundamentalistische Koran-Interpreten in Schullehrbüchern für den islamischen Religionsunterricht in Deutschland den Dschihad und den Märtyrertod rechtfertigen, wurde das bislang als Zeichen frommer Lebensweise einer anderen Religion missdeutet. Muslime sind in Deutschland ein Teil der demokratisch liberalen Gesellschaft, in der der Respekt vor dem anderen eine selbstverständliche Regel ist. Die Religionsfreiheit des Grundgesetzes gestattet ausdrücklich allen Bürgern die Ausübung und Pflege ihres Glaubens. Sie ist dabei aber kein "Obergrundrecht" und wird von anderen Grundrechten eingeschränkt. Wenn Vertreter des politischen Islam meinen, ihre radikalen und totalitären Religionsvorstellungen auch hierzulande öffentlich durchsetzen zu sollen, muss man dem entschieden entgegentreten. Die auch in Deutschland propagierte salafistische Theologie ist freiheitsfeindlich und mit den Prinzipien der Demokratie nicht vereinbar. Die Scharia passt nicht zum Grundgesetz. Die liberale Einwanderungsgesellschaft muss von allen Menschen, die in ihr leben, strikte Verfassungstreue verlangen. Stefan Kaisers, Gießen

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort