Leserbrief Russland und der Nato geht es im Ukraine-Konflikt vor allen um Geostrategie

Ukraine-Krieg

Zu den Artikeln „Putin schiebt Schuld auf den Westen“, „Das alte Spiel der Täter-Opfer-Umkehr“ (beide TV vom 10. Mai) und andere Texte:

Worin geht es in der Ukraine? Ziemlich klar geht es nicht wirklich um die Verteidigung der Demokratie gegen die Despotie (Nato-/EU-Propaganda) und auch nicht um den Sturz eines faschistischen Regimes (russische Propaganda). In Russland ist zwar tatsächlich ein despotisches Regime an der Macht und in der Ukraine eine halbwegs demokratische Regierung, aber die Nato nimmt es selbst mit der Demokratie nicht so genau, jedenfalls nicht in Ungarn und Polen und erst nicht in der nicht weniger als Russland despotischen Türkei, die zur Zeit meines Erachtens ebenfalls einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg führt und auch schon Gebiete in Nordsyrien annektiert hat.

Ginge es der Nato wirklich nur um Demokratie, müsste sie auch in diesen Mitgliedsstaaten entweder ihre hehren Ideale durchsetzen oder sie aus ihrem Kreis ausschließen, und sie müsste dann auch die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) gegen die Angriffe des Erdogan-Regimes unterstützen. Und läge ihr wirklich am Völkerrecht, hätte sie nicht 1999 den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien führen und die Provinz Kosovo abspalten dürfen (Völkerrechtlich ist der Angriff der Nato auf Jugoslawien zum Schutz der Kosovo-Albaner laut Experten zumindest umstritten, Anm. der Redaktion). Sowohl Russland als auch der Nato geht es in Wirklichkeit um Geostrategie: Beide wollen die Ukraine meines Erachtens ihrem imperialen Machtbereich einverleiben – alleine schon deshalb, damit der Konkurrent sie nicht bekommt. Jetzt will Putin offenbar das Problem ein für allemal lösen, allerdings bislang mit wenig Erfolg; und auch die Ukraine kann nicht siegen.

Es kann nur eine diplomatische Lösung geben, keine militärische: die territoriale Wiederherstellung der Ukraine als neutraler Staat mit den autonomen Regionen Luhansk und Donezk und der entmilitarisierten Krim. Andernfalls droht die Ukraine ein weiterer gescheiterter Staat mit endlosen Kämpfen und Einmischungen zu werden.

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