Sack geprügelt, Esel gemeint

Christian Klar sagt ebenso deutlich wie sein Nachname anzeigt, was er will: die gegenwärtige Ordnung umstürzen. So lange dies seine Auffassung ist und so lange er dies publizistisch und gewaltfrei politisch anstrebt, ist dies sein gutes grundgesetzliches Recht.

Aber ebenso eindeutig widerrechtlich wie sein Vorname nicht zu seinen Taten passt, war auch seine Handlungsweise: Mord. Der ist durch nichts zu rechtfertigen, mag Hanns-Martin Schleyer auch überzeugtes Mitglied der SS und erklärtermaßen auch noch Jahrzehnte nach dem Krieg stolz darauf gewesen sein, mag er als Vorsitzender des Verbandes der Metallindustrie in den sechziger Jahren auch eine äußerst harte Linie gegen Streikende gefahren haben (unter anderem Aussperrungen), mag er von der "New York Times" auch als "Karikatur des hässlichen Kapitalisten" beschrieben worden sein. Darüber mögen andere Mächte richten, die RAF jedenfalls war von niemandem dazu berufen worden und schon gar nicht, mit jenen Methoden zu agieren. So weit - so schlecht. Schlecht ist aber auch, wie ich es sehe, dass Edmund Stoiber und andere Klars Taten und Anschauungen zusammennehmen: Zwar prügeln sie mit Recht den Sack, das heißt den Mord und auch Klars Reue-Abstinenz, der Verdacht liegt aber nahe, dass sie den Esel meinen - den Willen Klars und anderer, das kapitalistische Wirtschaftssystem, die pluralistische Gesellschaft und damit auch die Demokratie abzuschaffen. Über all diese Ausprägungen der gegenwärtigen Lebensweise lässt sich diskutieren, sollte diskutiert werden dürfen, auch sehr kontrovers. Es wirkt hingegen manipulierend, wenn man die verständliche Trauer der Opfer-Angehörigen und Klars "verstockte" Uneinsichtigkeit benutzt, die Emotionen in der Öffentlichkeit zu schüren, um vermutlich somit bereits im Ansatz eine Diskussion seiner Auffassungen zu unterbinden. Befürchten Stoiber & Co., dass nicht nur ein "geistesverwirrter" Strafgefangener derart radikal denkt? Helmut Michael Wilmes, Ralingen-Wintersdorf

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