Sagenhafter Stundenlohn

In diesem Leserbrief gibt sich Konrad Theis als intimer Kenner der aktuellen Probleme der Ärzte zu erkennen. Seine Überlegungen münden in der Aussage "die Patienten sind nicht unbegrenzt zu melken".

Ich erlaube mir dazu folgende Anmerkungen: Ich verstehe unter Melken das Einfordern eines überhöhten Honorars und/oder das Abrechnen nicht erforderlicher Leistungen. Was den Bereich der Privatversicherten angeht, lässt sich so etwas doch leicht anhand der vorgeschriebenen, detaillierten Rechnungsstellung erkennen und regeln, unter Umständen auch unter Einschaltung einer Schiedsstelle. Im Bereich der gesetzlich Krankenversicherten ist die Abrechnung von nicht notwendigen ärztlichen Leistungen nach Paragraph 12 SGB V (Sozialgesetzbuch Fünftes Buch) ausgeschlossen; ein Umstand, den viele Partienten und auch manche Krankenkassenmitarbeiter gar nicht kennen. Wie wir Ärzte darüber hinaus mit unseren Honorarforderungen die gesetzlichen Krankenkassen "melken", mögen auch folgende Beispiele aus dem ärztlichen Alltag zeigen: Ein Notfallbesuch samstags nachts erbringt rund 25 Euro, ein Schlüsseldienst würde für eine vergleichbare Leistung mindestens 100 Euro in Rechnung stellen. Ein EKG wird beim Hausarzt für rund elf Euro erbracht, die Computer-Diagnose eines Autos ist in der Werkstatt nicht unter 25 Euro zu haben. Ein Hausbesuch durch eine Arzthelferin erbringt inklusive Wegegeld sagenhafte 5,10 Euro; ein Betrag, für den ein Handwerksmeister noch nicht einmal seinen Stift aus dem Haus schickt. Eine normale ärztliche Beratung ist den Krankenkassen rund 1,50 Euro pro Minute wert. Das ergibt bei einer mittleren Beratungsdauer von etwa acht Minuten den sensationellen Stundenlohn von 12 Euro. Wenn man zu guter Letzt noch berücksichtigt, dass mindestens 20 Prozent aller in einer normalen Praxis erbrachten Leistungen gar nicht honoriert werden, muss man sich fragen: Wer melkt hier eigentlich wen? Dr. med. Klaus Meiners, Trier

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