Sanktionen nicht mehr als ein symbolischer Akt

Zum Artikel "Krieg als letzte Option" (TV vom 12./13. März):

Hat wirklich jemand ernsthaft geglaubt, dass es Gaddafi beeindruckt, wenn ihm die EU Sanktionen androht oder das Verbot von Besuchen in Paris, London oder Berlin?

Die Diskussion um Sanktionen gegen den libyschen Diktator ist bizarr, weil sie eine Frage zu überdecken versucht, die längst gestellt werden müsste: Wie konnten eigentlich die Machthaber in Tunesien, Ägypten und Libyen Milliarden aus dem Land schaffen und bei europäischen Banken gewinnbringend anlegen, während die eigene Bevölkerung in wirtschaftlicher Hinsicht dahinvegetierte? Außerdem stellt sich die Frage: Wie hoch ist der Anteil europäischer Hilfsgelder an diesem angeblichen Privatvermögen?

Wenn der Westen in dem Bemühen, Entschlossenheit zu zeigen, die Konten sperrt, ist das richtig. Erfreulich ist auch, dass eine EU-Mehrheit, zu der auch Deutschland zählt, jetzt nur unter engen Bedingungen militärisch eingreifen will.

Die ganz andere Frage lautet: Durfte man den Betrug Gaddafis am eigenen Volk - die Konten im Ausland - all die Jahre übersehen? Genau so beklemmend war die Forderung nach einem Im- und Export von Waffen. In den letzten Jahren haben auch die EU-Staaten Libyen mit Schnellfeuerwaffen und Panzern ausgestattet, die der libysche Diktator nun gegen die eigene Bevölkerung einsetzt und in den vergangenen Tagen zunehmend an Boden gewinnt.

Die Erfahrungen mit solchen Sanktionen und Nadelstichen, die möglichst nicht die Menschen, sondern nur deren Herrscher treffen sollen, sind zwiespältig. Seit langem versuchen die Europäer und die USA, den Iran durch ein Wirtschafts embargo in die Knie zu zwingen. Bisher ohne Erfolg. Insofern können Sanktionen vielleicht ein symbolischer Akt des Missfallens sein. Sehr viel mehr darf man sich von ihnen aber nicht versprechen. Im Falle Libyen kann nur eines erfolgen: ein militärisches Eingreifen des Westens, auch ohne Zustimmung der Arabischen Liga.

René Schenten, Trier

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