Scheinheilige Außenpolitik

Zu den Protesten gegen die arabischen Machthaber:

Er sei ein Mann "mit enormer Erfahrung, großer Weisheit und die Zukunft fest im Blick". Mit diesen Worten hat der deutsche Außenminister vor knapp einem Jahr den ägyptischen Staatschef beschrieben.

Weder Husni Mubarak noch Guido Westerwelle, inklusive viele seiner Vorgänger, hatten seinerzeit wohl einen Blick für das, was sich da anbahnte.

Bei den Geschehnissen in Tunesien und Ägypten offenbart sich nun endlich die Scheinheiligkeit der Außenpolitik, insbesondere der USA und der Europäische Union. Jahrzehntelang beobachtete man, wie Tunesier und Ägypter in einem diktatorischen Regime unterdrückt und ausgebeutet wurden.

Mubarak und seine Söhne sollen geschätzte 40 Milliarden US-Dollar ins Ausland verschoben haben. Kein Wunder, dass ausgerechnet Italiens Premierminister Berlusconi Mubarak weiterhin stützen möchte. Hegen führende europäische Politiker da etwa mehr Sympathie für korrupte Staatspräsidenten als für die unterdrückte Bevölkerung?

Die EU war dem Tunesier Ben Ali lange ein verlässlicher Partner. Die französische Außenministerin Michèle Alliot-Marie hat eingeräumt, dass sie in ihrem Weihnachtsurlaub zweimal in Privatjets von Freunden des gestürzten Diktators geflogen ist. Von der EU-Außenministerin Ashton sieht und hört man nichts. Wo bleibt die Moral, wenn man Diktatoren stützt, mit ihnen handelt und sie empfängt wie Staatsmänner, insbesondere dann, wenn man sich Demokratie ganz groß auf die eigene Fahne schreibt?

Eins noch zu unserer Demokratie: 70 Prozent der Deutschen sind gegen den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan, aber 72 Prozent unserer Parlamentarier stimmten für die Verlängerung des Mandats.

Jürgen Teusch, Wittlich

ägypten

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