Scheinheilige Kritik

Zum Artikel "Politischer Poker auf Kosten der Grenzgänger" (TV vom 3. Februar):

Die Aussagen des anonymen Pendlers erscheinen mir etwas scheinheilig. Zum einen wurde das Gesetz, also das Einkommensteuerrecht und das Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/Luxemburg (DBA), mitnichten über Jahrzehnte anders gelebt. Zumindest nicht vonseiten der Finanzbehörde. Letztere ist nämlich nicht allwissend, und schon gar nicht über die konkreten Arbeitsverhältnisse aller im Ausland angemeldeten Arbeitnehmer informiert. Dass das Gesetz, wenn entsprechende Fälle bekannt werden, angewendet wird, zeigten vor etwa zehn Jahren die bei luxemburgischen Arbeitgebern beschäftigten Berufskraftfahrer, die von exakt den gleichen Regeln im DBA getroffen wurden und größtenteils die deutsche Steuer aus der eigenen Tasche zahlen mussten. Sie dürften dabei wirtschaftlich und juristisch meist weniger gut vorgebildet sein, als dies bei Bankern der Fall ist. Allerdings: Inzwischen haben sich die einschlägigen Regelungen der DBA auch in weiten Kreisen, etwa bei Handwerkern, herumgesprochen. Und wenn der Pendler das "Gesetz aus den 50er Jahren" geißelt (gemeint ist das DBA): Dieses ermöglicht doch erst, dass überhaupt die luxemburgischen Einkünfte freigestellt werden. Ein Vorteil dessen sich fast jeder, der in Luxemburg arbeitet, gerne erfreut. Dass die Rechtslage nicht einfach ist und die meisten Pendler nicht vorsätzlich gehandelt haben dürften, steht auf einem anderen Blatt. Für die Steuerpflicht ist das, siehe Berufskraftfahrer, irrelevant.

Es gibt bereits jetzt eine Lösung: Wer in Luxemburg wohnt und seinen Arbeitgeber hat, der darf auch gelegentlich ins Ausland, ohne dort besteuert zu werden. Dann gilt (jedenfalls wenn Luxemburg entsprechende Abkommen geschlossen hat) die 183-Tage-Regelung.

Ulrich Kasel, Konz

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