Schrecklicher Verdacht

Politik

Zur Berichterstattung über die Nordkorea-Krise:
Da braut sich was im südlichen Pazifik und auf der koreanischen Halbinsel zusammen. Die Amerikaner spielen mit dem Feuer, weil sie sich für liebe Menschen halten und den Nordkoreanern nicht zutrauen, liebe Menschen zu werden. Militante Gruppen auf beiden Seiten neigen dazu, ihre Kräfte zu überschätzen.
Statt Raketen zu zählen, sollten die Hardliner lieber denken, dann würde die Lust an der Eskalation schnell schwinden. Stattdessen: organisierte Unverantwortlichkeit, gepaart mit einer unerträglichen Vergeltungsangst. Man muss kein Berufsstratege sein, um zu erkennen, dass eine nukleare Überlegenheit keinen Nutzen bringt. Die totale Zerstörung und Vernichtung der Menschheit kann nur einmal ausgelöst werden.
Trotzdem schwadronieren unbeugsame kalte Krieger in Nordkorea und Amerika von Krieg. Die Amerikaner erklären uns, warum in Nordkorea nur Böses gedeiht und im Westen alles tugendhaft ist. Natürlich sagt man in Nordkorea genau das Gegenteil.
Kriege entstehen nur, wenn ein Ungleichgewicht an Waffen vorhanden ist. Bei einem Gleichgewicht der Kräfte sind Kriege für jeden Aggressor nicht mehr kalkulierbar. So unsinnig es klingt: Militärische Rüstung auf ein vernünftiges Gleichgewicht zu bringen ist ein größerer Friedensdienst, als sich einen Vorteil zu verschaffen. Ein Vorteil, der ausreicht zur Überzeugung, dass ein Krieg kalkulierbar und siegreich zu führen sei. Wir müssen leider mit dem schrecklichen Verdacht leben, dass ein Nuklearkrieg früher oder später wahrscheinlich ist, weil der Mensch bisher alle Waffen benutzte, die er jemals erfand.
Kriege werden nicht aus edlen Motiven geführt. Es geht um Hegemonie oder Geschäftsinteressen, und das Geschäft des Krieges selbst darf man auch nicht vergessen. Es ist eine Tatsache, dass der Westen mit Kanonenbootdiplomatie noch nie einen Konflikt lösen konnte. Vielmehr ist die unumschränkte Vorherrschaft der westlichen Welt oft Brandbeschleuniger oder Ursache der Streitigkeit. Politiker können das auch nicht. Sie brauchen Schlagzeilen und verkennen, dass jedem Krieg ein extremer Notstand vorausgeht, der von Politikern geschaffen wurde. Ihnen fehlt die Perspektive, Zukunft zu entwerfen. Diplomaten gibt es, seit es Kriege gibt. Doch wenn Diplomaten einen Krieg verhindern könnten, warum haben sie es bisher nicht gemacht?
Vielleicht liegt der Schlüssel bei den Worten von Albert Einstein: "Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind."
Heinz Erschens
Kell am See

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