Leserbriefe Schwarze Null reicht, Herr Spahn!

Zum Kommentar „Mehr Geld für mehr Leistung“ (TV vom 16. März) schreibt Hanns-Wilhelm Grobe:

Kaum ist die neue Regierung vereidigt und will am Pflegenotstand etwas ändern, denkt die renditeorientierte Pflegelobby an die Sicherung ihrer Pfründe und fängt an, über Defizite zu lamentieren. Die gibt es, aber nicht beim Geld, sondern vor allem an den Strukturen. Denn Geld wäre auch im System der Pflegeversicherung genug vorhanden. Es kommt nur dauerhaft nicht bei Gepflegten, den Pflegenden und den pflegenden Angehörigen an.

Erstens wurden 2018 in vielen Fällen die Leistungen durch die Pflegeversicherung endlich verbessert. Daher sind automatisch Mehrausgaben entstanden. Gut so.

Zweitens aber bleibt es ein Skandal, dass private Heimbetreiber mit Menschen in Not mehr Geld und Rendite erwirtschaften können als auf dem Kapitalmarkt. Skandinavische Länder machen es vor, dass Pflege eine Aufgabe der Allgemeinheit ist und eine schwarze Null reicht.

Drittens muss endlich abgeschafft werden, dass Dutzende Krankenkassen sich eigene Pflegekassen halten, wo ein Teil des für die Pflegebedürftigen bestimmten Geldes in der Kassenbürokratie verschwindet.

Viertens muss man wie in Skandinavien im Namen des Grundgesetzes und der Menschenwürde mehr Interesse daran haben, dass zu Pflegende möglichst lange fit gehalten werden. Derzeit belohnt aber das deutsche Pflegesystem es mit den Höchstsätzen, wenn die Menschen höhere Pflegestufen bekommen und am Ende stationär liegen und es überspitzt nur noch heißt: windeln und füttern. Haben da gewinnorientierte und zum Teil börsennotierte ambulante und stationäre Großkonzerne wirklich Interesse, jemand in den geringen Pflegestufen zu halten?

Und zuletzt: Wenn Pflegedienste als Verein organisiert und damit durch die Allgemeinheit privilegiert sind, muss eine schwarze Null reichen. Überschüsse werden bei der Rechtsform „e.V.“ reinvestiert, durch bessere Bezahlung der Pflegenden und einen höheren Pflegeschlüssel.

Hanns-Wilhelm Grobe, Trier

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