Schweigen ist der falsche Weg

Zum Artikel "Bitburger Kopten haben Angst vor Terror" (TV vom 5. Januar):

Der Terroranschlag auf die schutzlosen koptischen Christen ausgerechnet in der Stadt Alexandria ist verheerend und zeigt uns, dass die Terrororganisation Al Quaida auch in Ägypten Fuß fasst. Für Al Quaida sind die Christen im Nahen Osten Elemente, die mit dem Westen kollaborieren und folglich ermordet werden dürfen. Wie im Irak werden die Kirchen vor allem an hohen Feiertagen überfallen.

Dieser Terrorismus hat verheerende Folgen in Ägypten wie im Irak. Die Hälfte der über eine Million zählenden Christen im Irak sind u.a. wegen der an mehreren Orten gleichzeitig gezündeten Autobomben 2004, 2006 und 2009 auf Kirchen aus dem Irak in den letzten Jahren geflüchtet. Viele nach Deutschland.

In Ägypten wird die Zahl der Kopten auf acht bis zehn Millionen geschätzt. Sie stehen der Moderne offener gegenüber als die Muslime, trinken auch Alkohol, was zu Spannungen führt. Die koptische Gemeinde führt sich auf den Evangelisten Markus zurück auf das 1. Jahrhundert n. Chr. Genau wie die Chaldäer im Irak betonen die Kopten ihre Verbindung zu den Ursprüngen des Christentums und zum alten pharaonischen Ägypten.

Die an Kultur reichste, spätantike Stadt Alexandria war mit ihrer riesigen Bibliothek das Kulturzentrum der damaligen Welt. Hier entwickelte sich die christliche Theologie. In den folgenden Jahrhunderten integrierten sich die Christen in das islamische Ägypten, wenngleich ihre wehrhaften Klosterbauten zeigen, dass öfter auch Unfriede herrschte.

In den letzten 50 Jahren hat der islamische Nationalismus auch das weltoffene Ägypten erfasst. Die Religionsfreiheit nimmt ab, die Kopten werden mehr und mehr diskriminiert. Präsident Mubarak hat die Islamisierung gefördert, um dadurch den Fundamentalismus auszubremsen. Vergebens. Das moderne Ägypten muss sehr aufpassen, nicht zu einem Pulverfass zu werden. Die Christen dürfen nicht zum Sündenbock der frustrierten Muslime werden.

Das Thema Verfolgung und Diskriminierung der Christen müsste sehr viel intensiver und mutiger von unseren Politikern wie auch der katholischen Kirche aufgegriffen werden.

Über das Unglück zu schweigen und nicht hinzusehen und es nicht zu registrieren, um die Islamfeindlichkeit nicht zu stützen, ist der falsche Weg.

Marie-Luise Niewodniczanska, Bitburg

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