Selbstmord-Kandidaten

Zum Artikel "Pro Bahn für Stopp-Schilder an gefährlichen Bahnübergängen" (TV vom 1. September):

Ich finde es richtig, wenn der Bundesverkehrsminister ein zusätzliches Stopp-Schild an Bahnübergängen verweigert. Es wird ebenso wenig nützen wie der jetzige Zustand. In der Verantwortung sind die Fahrlehrer und Eltern von Kindern, die es offensichtlich nicht fertigbringen, vor den Gefahren zu warnen.

Gedankenlosigkeit und die von sogenannten Experten hochgejubelte Sicherheit - die es nicht gibt - sind Gründe für Unfälle. Der Schienenverkehr hat absoluten Vorrang vor dem Straßenverkehr, und ein Überfahren oder Überqueren eines Überganges, ohne sich zu überzeugen, dass "die Bahn" frei ist, kommt einem Selbstmord gleich. Bei unübersichtlichen und besonders gefährlichen Bahnübergängen ist in der Regel für den Lokführer eine Geschwindigkeits-Beschränkung auf 20 Stundenkilometer vorgesehen. Da die Geschwindigkeits-Aufzeichnungen im Triebfahrzeug fast auf den Meter genau ausgewertet werden können, wird niemand auch nur einen Kilometer schneller fahren. Ich bin gut 20 Jahre in der Eifel, im Hunsrück und Westerwald gefahren und habe oft erlebt, welche Selbstmord-Kandidaten dort im Auto unterwegs sind. Ohne das Tempo zu verringern, brettern sie über die Übergänge, an blinkenden Rotlichtern vorbei, sogar zwischen den Halbschranken hindurch - fast schon "normale" Vorgänge.

Einen besonders krassen Fall habe ich auf einer Prüfungsfahrt erlebt, als der Fahrer eines Rettungswagens mit Blaulicht und Martinshorn glaubte, er müsse noch einen mit Blinklicht gesicherten Übergang queren. Der Abstand: keine fünf Meter mehr.

Ein Triebwagen oder ein Zug mit mehreren Hundert Tonnen Anhängelast kommt nicht nach wenigen Metern zum Stehen, auch dann nicht, wenn der Lokführer die Gefahr erkennt und mit einer Schnellbremsung reagiert. Autofahrer sollten sich be- wusst sein, dass sie im Falle eines Zusammenstoßes immer den Kürzeren ziehen.

Hans-Dieter Georg, Enkirch

Lokführer a. D.

Verkehr

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort