Leserbriefe Sieg für Orange

Zur Berichterstattung über die Bundeswehr schreibt Hans Notermanns:

Als Grund für die Mängel an den Großkampfmitteln werden Ersatzteilprobleme genannt. Dem deutschen Nato-Kampfflugzeug Tornado zum Beispiel fehlen laut ARD-Tagesschau vom 31. März eine Freund-Feind-Kennung (nicht eingebaut) und Verschlüsselungstechnik. Ich bin ausgebildeter Leutnant der Luftwaffe (1970-1972). Damals haben wir uns nur über den teuren ausrangierten amerikanischen Schrott geärgert (Starfighter, Vietnam-Hubschrauber Bell, Pershing-2-Rakete, amerikanische Funktechnik, Scatter-Verbindungstechnik mit separatem unmöglichen Generator, keine EMP-Tauglichkeit). 1978 gab es schon mehrere Tausend militärische Satelliten mit Kernreaktor-Energieversorgung. Dagegen wurde in russischen Kampfflugzeugen die alte Röhrentechnik verwendet; diese ist aber EMP-tauglich. EMP heißt elektro-magnetischer Puls, der etwa bei einer Atombombenexplosion entsteht.
Seit 1978 war ich als fernmeldetechnischer Berater beim Luftwaffenführungsdienst in Köln-Wahn zehn Jahre lang tätig. Meine Erfahrungsberichte beschränkten sich natürlich nur auf fernmeldetechnische Belange. Bei den alle zwei Jahre stattfindenden Wintex-Übungen waren die eingespielten Szenarien (Kampfhandlungen, Sabotage und so weiter) leider immer wiederkehrend. Der „gespielte Krieg“ gegen die „Orange-Truppen“ war für die deutschen Nato-Truppen blamabel. Am ersten Tag der Auseinandersetzungen standen die Orange-Truppen schon 150 Kilometer jenseits der damaligen DDR-Grenze auf westdeutscher Seite. Damals schon, vor 40 Jahren, war der Grund für die Nichteinsetzbarkeit der deutschen Nato-Kampfflugzeuge die fehlende Freund-Feind-Kennung. Die Technik war vorhanden, wurde aber nur in amerikanischen Kampfflugzeugen eingesetzt. Hier war ja auch die wesentlich größere Vorwarnzeit gegeben. Bei allen Wintex-Übungen war es gewollt, dass die Orange-Truppen siegen sollten (zumindest auf westdeutschem Gebiet). Die Neuanschaffung von besserem Militärmaterial war der Hauptgrund für die gewollte „Niederlage“. Noch zur Militärtechnik: In Deutschland wird das beste U-Boot der Welt mit Brennstoffzellen-Antrieb gebaut. In England dagegen werden U-Boote mit atomarem Antrieb gebaut und ins Ausland verkauft. Der deutsche Kampfpanzer „Leopard“ genießt weltweit größte Anerkennung. Der amerikanische Tarnkappenbomber ist mittlerweile auch zu orten und nicht mehr finanzierbar.

Zurzeit übt der amerikanische Präsident wieder Druck auf Deutschland aus, indem er den finanziellen Nato-Beitrag erhöhen will. Wenn wir seinen Forderungen nicht folgen, hat er schon mit mittlerweile neu errichteten amerikanischen Standorten (zum Beispiel in Tschechien) ausreichend Druckmittel in der Hand, Standorte auf deutschem Boden aufzugeben. Grundsätzlich wünsche ich unserer Verteidigungsministerin eine glücklichere Hand und den sogenannten Experten, dass sie mit der Wahrheit etwas sorgfältiger umgehen. Dass es sich um enorme Steuergelder handelt, scheint vielen verantwortlichen Politikern nicht ausreichend klar zu sein.

Hans Notermanns, Oberstleutnant der Reserve, Trier

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort